Volltext: Adam Smith‘s Moralphilosophie (6)

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Johannes Schubert. 
Schön und treffend ist, was Smith über den praktischen 
Werth der Religion sagt. Obwohl er, gleich Shaftesbury, den 
fanatisirenden Einfluss unreiner Religionsvorstellungen beklagt, so 
ist er doch weit entfernt, nun den Werth der Religion deshalb an 
und für sich zu bezweifeln, wie dies Hume thut. Nur das eine 
Postulat stellt er als unbedingt nothwendig auf : größte gegenseitige 
Duldung der verschiedenen Religionsgemeinschaften, welche ja in 
dem Glauben, was ihnen Gott eigentlich gebiete, so weit von 
einander abwichen. 
Es ist wieder der optimistische Grundzug seines Wesens, der 
ihn zu einer Forderung bestimmt, die mit derjenigen des pessi¬ 
mistischen Hobbes im schroffsten Gegensatz steht. Hobbes 
glaubte nicht an die Lebensfähigkeit einer solchen liberalen Gemein¬ 
schaft, und so ersann er als ein Radicalmittel, welches alle con- 
fessionellen Reibungen unmöglich machen sollte, eine einheitliche 
Staatsreligion — welchen Charakters, war ihm ziemlich gleichgültig 
— die weder in Wort noch in That eine Auflehnung gegen sich 
duldete. So erstickt man allerdings unter Umständen den Fanatis¬ 
mus, aber auch zugleich lebensfähige Keime der edelsten Art, 
welche in entwickeltem Zustande jenem wilden Instincte mit leichter 
Mühe die Wage zu halten vermögen. 
4. 
Nachdem Smith in den ersten drei Theilen die Grundsteine 
seiner Theorie befestigt, konnte er daran gehen, noch als Ergänzung 
einige Ausführungen hinzuzuthun, wie sie ihm besonders durch 
Hume’s Anschauungen nahe gelegt wurden. Die Sympathie mit 
der bloßen ^Nützlichkeit einer Handlung als ursprünglichsten 
Billigungsgrund hatte er im Verlauf seiner ganzen bisherigen 
Darstellung abgelehnt; jetzt konnte er den bedeutenden Einfluss, 
welchen die kühle Reflexion nachträglich auf die Modification des 
Urtheils ausübt, ruhig zugeben. Es muss hier nach seiner Ansicht 
eben ein — in metaphysischen Bedingungen wurzelnder — glück¬ 
licher Parallelismus constatirt werden, der sich darin äußert, dass 
eine das unmittelbarste Gefühl sympathisch berührende Handlung 
sich auch in der Reflexion und Erfahrung als gut und werthvoll 
herausstellt. Und deshalb ist es empfehlenswerth und auch all-
	        
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