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Johannes Schubert.
Zomesaufwallungen einstellen. »Hier haben sie (jene Mitleidigen)
nun Gelegenheit, die Erwägungen des allgemeinen Nutzens der
Gesellschaft zu Hülfe zu rufen. Sie müssen dem Andrange jener
weichlichen und parteiischen Menschlichkeit die Gebote einer edleren
und umfassenderen Menschlichkeit entgegensetzen.« (I 209.) »Aber
so wenig Scharfsinn auch dazu gehört, die zerstörenden Wirkungen
wahrzunehmen, welche der gesellschaftlichen Wohlfahrt aus frevel¬
haften Handlungen drohen«: ursprünglich hervorgerufen wird jene
Billigung der Wiedervergeltung dadurch in den allerseltensten
Fällen; existirt sie doch bei den allerthörichtsten und gedanken¬
losesten Menschen, in deren Kopf niemals der Schimmer einer re-
flectirenden Regung fällt. Ganz besonders klar ist dies bei schweren
Verbrechen, so beim Morde: »In Ansehung dieses furchtbarsten
aller Verbrechen hat die Natur eine allem Nachdenken über die
Nützlichkeit der Strafe vorhergehende, unmittelbare und instinctive
Billigung des heiligén und nothwendigen Gesetzes der Wiederver¬
geltung mit starken und unauslöschlichen Zügen in unser Herz
gegraben«. (I 162.)
Freilich, jener »merkwürdige Unterschied« zwischen der GeT
rechtigkeit und den übrigen sittlichen Erscheinungen, welcher
Hume wahrscheinlich zu seinen Betrachtungen veranlasst hat,
gibt auch Smith zu denken und verlangt eine Erklärung. Er
liefert sie dadurch, dass er jenen Unterschied auf die Thatsache
gründet, dass der Unbill-Leidende mit aller Schicklichkeit Gewalt
brauchen könne, um sich zu rächen, während in keinem anderen
Falle sittliches Verhalten (wenn auch nur äußerlich) durch Gewalt
erzwungen werden könne. Dieser Unterschied erhalte freilich eine
Compensation insofern, als ein Befolgen der gesetzmäßigen Gerech¬
tigkeit nirgends Anspruch auf Lohn oder Bewunderung machen
dürfe, wie es doch bei den übrigen Tugenden der Fall sei. (I 186.)
Man darf es übrigens Smith nicht zum Vorwurf machen,
wenn er bei diesen elementarsten Erörterungen stehen geblieben
ist und sich auf eine Untersuchung, wie sich hieraus die staatliche,
von jenen primitivsten Gerechtigkeitsäußerungen so unendlich weit
entfernte Rechtsordnung entwickeln musste, nicht weiter eingelassen
hat. In seinem Plane lag eben nur die Auffindung der emotio¬
nalen Grundlagen der sittlichen Erscheinungen ; dass seine Ansichten