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Johannes Schubert.
verschiedene Arten des Urtheils sind es demgemäß, welche sich
aus dieser doppelten Betrachtungsweise für den Zuschauer ergehen :
Auf das — nach seinem Gefühl — richtige oder falsche, ange¬
messene oder unangemessene Verhältniss des Affects zur erregenden
Ursache gründet sich sein Urtheil über die Schicklichkeit oder Un¬
schicklichkeit desselben, während das Urtheil über Verdienst und
Missverdienst von der wohlthätigen oder schädlichen Wirkung, die
der Affect hervorbringt oder hervorzubringen sucht, abhängt. Von
den Philosophen ist, wie Smith richtig bemerkt, jenes Verhältniss
zur Ursache oft übersehen und der Hauptnachdruck auf die Ten¬
denz der Affecte gelegt, während das gewöhnliche Lehen darin
richtiger zu verfahren pflegt.
Der Begriff der Schicklichkeit (propriety) ist es also, dem
Smith den ersten Theil seiner Theorie widmet. Und hier führt
ihn nun seine Untersuchung zu den ersten beiden Normen, wie sie
sich für beide Theile unmittelbar aus der Natur des Urtheils er¬
gehen: für den Zuschauer das Gebot einer möglichst eingehenden
Concentration des Mitgefühls auf die Lage des Anderen, ein Hinauf¬
schrauben des Sympathieaffects annähernd zur Höhe des ursprüng¬
lichen; für den im Affect stehenden das Gebot, nun seinerseits die
Stärke desselben möglichst auf gleiche Höhe mit dem Sympathie-
affect zu bringen. Da freilich eine Uebereinstimmung beider Affecte
in den meisten Fällen nicht möglich ist, so muss man auf einen
Einklang verzichten und wenigstens einen Zusammenklang herbei¬
zuführen suchen — »das ist alles, was wir brauchen und ver¬
langen«.
Die imperativischen Normen, »welche Smith somit rein em¬
pirisch ableitet, könnten demnach in jener durch Kant’s katego¬
rischen Imperativ nahegelegten Weise etwa so formulirt werden:
»Handle und fühle so, dass der unparteiische Zuschauer mit dir zu
sympathisiren im Stande ist«, und: »Sympathisire so mit deinem
Nächsten, dass dadurch die Gerechtigkeit deines Urtheils gewähr¬
leistet wird«. Dabei muss aber wohl beachtet werden, dass jene
erste Norm zunächst nur eine von dem unparteiischen Zuschauer
geforderte ist ; ihre verpflichtende Kraft für den im Affect stehenden
ist bis jetzt noch durchaus nicht ohne weiteres klar; es muss, wie
wir bei Gelegenheit des dritten Theiles sehen werden, noch ein