Volltext: Adam Smith‘s Moralphilosophie (6)

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gegenüberstehen; im letzteren Falle dagegen ist der Standpunkt 
des vom Affect unmittelbar Betroffenen ein anderer, als derjenige 
des nur durch Sympathie in Miterregung versetzten. Die letzteren 
Fälle sind es nun, auf welche die sittlichen Urtheile ihre Anwen- 
dung finden. 
In Folge jener Verschiedenheit des Standpunktes muss zwischen 
dem Original- und dem Sympathieaffect eine Verschiedenheit auch 
der Stärke nach stattfinden; es entsteht eine Differenz zwischen 
beiden, welche bei dem Zuschauer entweder mit einem Lust- oder 
Unlustgefühl verbunden ist. Je kleiner die Differenz ist, je mehr 
also der Affect des Zuschauers mit dem wirklichen Affect zu sym- 
pathisiren im Stande ist, um so größer wird das durch Gefühls- . 
consonanz hervorgerufene Billigungsgefühl bei diesem 
Zuschauer sein müssen; je größer diese Differenz, je weniger also 
der Zuschauer den Affect des Anderen mitzufühlen im Stande ist, 
um so größer wird das durch Gefühlsdissonanz hervorge¬ 
rufene Mi ssbilligungsurtheil sein müssen. 
So werden also sittlicher Beifall und Tadel, noch bei Hutche¬ 
son »Ideen, die nicht weiter erklärt werden können«1), bei Hume 
einfache qualitativ bestimmte Lust- und Unlustgefühle, von Smith 
aus Consonanz und Dissonanz von Original- und Sympathieaffect 
hergeleitet. Dieser letztere ist das einzige Maß, nach welcheiq 
ich den fremden Affect zu beurtheilen im Stande bin ; »ich habe 
keine andere Richtschnur meines Urtheilens und kann keine andere 
haben«. (S. 28.) 
Um indessen ein vollgültiges Urtheil für den unparteiischen 
Zuschauer zu Stande kommen «zu lassen, muss noch ein anderer 
wichtiger Factor hinzukommen : die Kenntniss sowohl der Ursache, 
welche den Affect erregt, als auch der Wirkung'^ zu welcher er 
tendirt. Wohl können sich gewisse Affecte, so besonders Freude 
und Trauer durch den einfachen Anblick mittheilen; eine Gesell¬ 
schaft Fröhlicher stimmt unmittelbar fröhlich, auch wenn man 
nicht den Grund ihrer Freude kennt, und umgekehrt; indessen der 
wirkliche Werth oder Unwerth eines solchen Affectes lässt sich erst 
bestimmen, wenn jene beiden Gesichtspunkte hinzutreten. Zwei 
1) Untersuchung über unsere Begriffe etc. S. 111. 
Wundt, Philos. Studien. VI. 
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