Adam Smith’s Moralphilosophie.
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allgemeiner Welt- und Lebensanschauung verknüpft, die aber durch¬
aus nicht dadurch der Gefahr des Missverstandenwerdens ausgesetzt
sind, dass man auf dieses Band keine eingehendere Rücksicht
nimmt.
Und wenn diese Gefahr, wie es Oncken so lebhaft hervor¬
hebt, für die Nationalökonomie wirklich eingetreten ist — eine
Ansicht, die zu untersuchen nicht unseres Amtes — so kann die¬
selbe sicher nicht dadurch beseitigt werden, dass man den Moral¬
philosophen gegen den Nationalökonomen ausspielt; eine solche
»Rettung« des einen durch den anderen kann wohl unter Um¬
ständen eine Anzahl werthvoller argumenta ad hominem liefern,
niemals aber ein System aufrecht erhalten, das einen ganz anderen
Kreis von Lebenserscheinungen zum Gegenstände seiner Erklärung
macht; ein solches muss eben seine Rettung in sich selber haben.
Andrerseits darf behauptet werden, dass für das Verständniss
von Smith’s »Theorie der sittlichen Gefühle« die Kenntniss seiner
vorhin skizzirten Vorgänger bei weitem wichtiger ist, als die seines
»Wealth of Nations«, denn erst dadurch gewinnt man ein Urtheil
über die ganze Art der Problemstellung, sowie über das, was
Smith jenen Vorgängern verdankt, und was er selbständig für die
Fortentwicklung der ethischen Probleme gethan hat.
Zudem hat Buckle, wie schon Oncken mit Recht bemerkt,
Smith’s Moralphilosophie durchaus nicht richtig aufgefasst, wenn er
dieselbe schlechtweg als eine Ethik des »Mitgefühls« bezeichnet ; es
spielt hier wieder eine jener Zweideutigkeiten und Ungenauigkeiten
der Sprache mit, welche schon so viele Verwirrungen in der Philo¬
sophie auf dem Gewissen haben ; was es mit dem Begriff der Sym¬
pathie bei Smith auf sich hat, werden wir alsbald des genaueren
zu untersuchen haben.
Werfen wir jetzt, bevor wir zur eigentlichen »Theorie« über¬
gehen, noch einen Blick auf die äußere Form derselben. Smith
stellt, wie es die systematische Darstellung verlangt, das Grund-
princip, durch welches er die Phänomene des sittlichen Fühlens
und Handelns erklären will, an die Spitze der ganzen Untersuchung
und zeigt, wie sich aus demselben die einzelnen Erscheinungen
ableiten lassen. Dabei sind die einzelnen Punkte von einer solchen
Fülle durch psychologische Analyse gewonnenen Materials gestützt