Volltext: Adam Smith‘s Moralphilosophie (6)

Adam Smith’s Moralphilosophie. 
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scheinbar selbstloseste Regung in Eigennutz aufzulösen, eine ebenso 
energische Zurückweisung erforderten. 
Mit David Hume endlich, dem unmittelbaren Vorgänger 
Smith’s, vollzieht sich jener Schritt zum vollendeten ethischen 
Subjectivismus, wie ihn eine von allen metaphysischen und reli¬ 
giösen Voraussetzungen befreite, auf rein empirisch-psychologische 
Analyse gegründete Gefühlsmoral schließlich thun musste. 
In Shaftesbury’s optimistischem Pantheismus klang doch 
noch etwas von nicht völlig überwundenem Intuitionismus, von 
einer den Dingen an und für sich anhaftenden Schönheit oder 
Güte nach, welche dann von dem ästhetischen oder moralischen 
Gefühl einfach als solche empfunden wurde; bei Hume liegt die 
Thatsache »gut« oder »schlecht« nicht im Object, sondern einzig 
und allein, in uns1); bei ihm dreht sich die Welt der sittlichen 
Erscheinungen um das moralische Gefühl des Einzelnen, etwa wie 
bei Kant die Welt der sinnlichen Erscheinungen um den form¬ 
gebenden Intellect; aber während Hume die völlige Isolirtheit in 
sittlich praktischer Beziehung, in welche er seinen Menschen setzt, 
nicht die geringste Sorge macht, lässt sich Kant, welchen der 
Genius seines theoretischen Denkens diese Isolirung in weit radi- 
calerer Weise durchführen ließ, zu der — freilich durch die gran¬ 
diosen Anstrengungen, sie zu verdecken, immer noch bewunderns- 
erthen — Inconsequenz hinreißen, diese Isolirung in sittlich¬ 
praktischer Beziehung wieder aufzugeben und durch eine mystische 
Verbindung des Menschen mit dem Urgründe der Welt die 
unbedingt verpflichtende Kraft des Sittlichen wiederherzustellen, 
welche ihm durch jene empirisch - naturalistischen Ableitungen 
völlig gelockert zu sein schien. 
Es ist hochinteressant, bei dieser Gelegenheit zu verfolgen, wie 
diese beiden auf völlig entgegengesetzten ethischen Standpunkten 
1) Treatise of human nature. Ausg. Green and Grose, London 1874. 
Book III S. 244: »Ich kann einen Mord nach allen Seiten hin zergliedern und 
finde Leidenschaften, Gedanken, Willensimpulse, nur kein Laster«. Ferner 
ibid. 302: »Der Unterschied von gut und böse gründet sich auf die Empfindung 
von Lust und Unlust, welche von der Betrachtung einer gewissen Gesinnung 
und eines gewissen Charakters entstehen«; daraus folgt dann, »dass in jedem 
Charakter gerade so viel von Tugend und Laster ist, als ein Jeder hineinlegt, 
und dass man sich in diesem einzelnen Fall unmöglich irren kann«.
	        
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