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August Kirschmann.
Die directe Bestätigung dieses aus den Resultaten der vor¬
liegenden Untersuchung mit Nothwendigkeit .abzuleitenden Satzes
bleibt noch zu erwarten. Man darf sich jedoch nicht verhehlen,
dass hier der Untersuchung ganz enorme Schwierigkeiten entgegen¬
treten, deren schlimmste darin besteht, dass es sich hierbei nicht
um die Ermittelung des Contrasteinflusses handelt, welchen eine
Empfindung erleidet, sondern dass vielmehr die durch die gegen¬
seitigen Contrastwirkungen hervorgerufenen Aenderungen beider Far¬
ben zugleich gemessen werden müssten, da jede von ihnen gleich¬
zeitig inducirende und inducirte Qualität ist und der Gesammtcon-
trast sich aus der Summe der Wirkungen beider zusammensetzt.
Es sind zwar im Anschluss an die vorstehend mitgetheilte
Untersuchung einige Versuche in diesem Sinne angestellt worden:
die Ergebnisse derselben können jedoch, wennschon sie die obigen
Ausführungen im allgemeinen zu bestätigen scheinen, weder inhalt¬
lich noch der Zahl nach als genügend betrachtet werden, um als
Belege für die Richtigkeit jener Ansichten zu gelten, weshalb denn
auch von ihrer Wiedergabe im Rahmen dieser Arbeit Abstand
genommen ist.
Zum Schlüsse sei noch erwähnt, dass die vorstehenden Aus¬
führungen über den Contrast zwischen zwei Farben auch dann ihre
Richtigkeit behalten, wenn man überhaupt die Möglichkeit der
Beeinflussung einer Farbe als solcher durch eine andere leugnet
und den Farben nur die Fähigkeit zugesteht, auf Grau contrast-
erregend zu wirken. Es liegt nämlich die Annahme ziemlich nahe,
dass eine Farbenempfindung nur in soweit einer Modification ihrer
Qualität durch den Contrast unterworfen ist, als die ihr beige¬
mischte achromatische Erregung eine Beeinflussung durch den Con¬
trast zu erleiden vermag. Es lassen sich unter dieser Voraussetzung
alle Erscheinungen des Farbencontrastes in ziemlich einfacher Weise
erklären. Die eingehendere Behandlung dieser Frage, deren Be¬
deutung für die Theorie der Licht- und Farbenempfindung nicht
zu verkennen ist, gehört jedoch nicht an diese Stelle und möge
daher einer späteren Arbeit, welche die qualitativen Verhältnisse des
simultanen Contrastes behandeln soll, Vorbehalten bleiben.