Volltext: Ueber die Reactionszeit und Perceptionsdauer der Klänge (6)

Ueber die Reactionszeit und Perceptionsdauer der Klänge. 399 
eine Sirene. Durch Anbringen von zwei Blaseröhren auf derselben 
Löcherreihe, von denen das eine feststand, während das andere 
beweglich war, gelang es den dem jedesmaligen Abstand der beiden 
Blaseröhren entsprechenden Ton hörbar zu machen. So wurde 
eine Scheibe mit 4 Löchern im Abstande je eines Quadranten 
durch die beiden Blaseröhren angeblasen. Dabei hört man einen 
Ton mit der Schwingungszahl 4n, wenn n die Anzahl der Scheiben- 
drehungen in der Secunde bedeutet, und einen veränderlichen, der 
von bedeutender Höhe im Anfang, wenn die beiden Blaseröhren 
sich nahe nebeneinander befinden, bis zu Sn herabfällt, wenn das 
bewegliche Blaserohr um die Hälfte des Löcherabstandes (45°) fort¬ 
bewegt ist, um dann bei weiterer Annäherung an die zum ersten 
Blaserohr rechtwinklige Stellung wieder zu steigen; ist diese er¬ 
reicht, so tritt ein Ton = 4n ein, der variable Ton fällt mit dem 
constanten zusammen. Pfaundler zieht den Schluss, »dass im 
Minimum zwei Schallimpulse auf die mitschwehenden Theile des 
Ohres genügen können, um die Empfindung eines Tones hervorzu¬ 
rufen, und dass diese Empfindung durch rasche Wiederholung zum 
Bewusstsein gebracht werden kann«. In der That sind es ja immer 
nur zwei Impulse, welche auf einmal dem Ohre zugeführt werden; 
aber die beiden Impulse wiederholen sich viermal hei jeder Um¬ 
drehung des Rades. Wenn man also auch in Folge dieser That- 
sache zugehen will, dass zwei Impulse eine Erregung des Percep- 
tionsorgans hervorzübringen im Stande sind, so ist damit noch 
nichts für die nothwendige Zahl der Impulse für die Entstehung 
einer Empfindung bewiesen. Pfaundler setzt auch selbst die 
Nothwendigkeit der raschen Wiederholung jener zwei Impulse für 
die Entstehung der bewussten Empfindung voraus. Eine Empfin¬ 
dung übrigens, die erst »zum Bewusstsein gebracht werden« müsste, 
ist — wenigstens für den Psychologen — keine Empfindung, 
sondern eine Erregung, so oft auch die Verwechselung zwischen 
Reiz- oder Erregungsvorgang und Empfindungsvorgang gemacht ist 
und in Zukunft gemacht werden wird. 
Endlich hat Kohlrausch1) die Frage zu beantworten gesucht, 
1) Kohlrausch, Ueber Töne, die durch eine begrenzte Anzahl von Im¬ 
pulsen erzeugt werden. Wiedemann’s Annalen d. Phys. 1880, Bd. X. 
Wnndt, Fhilos. Studien. VI. 27
	        
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