Volltext: Ueber die Reactionszeit und Perceptionsdauer der Klänge (6)

396 
Götz Martius. 
Auerbach1) gelangt, aber auf anderm Wege. Von ihnen stammen 
die, soviel mir bekannt, bisher einzigen Versuche über die Reactions- 
zeit verschieden hoher Töne. Ihre Methode war die graphische 
(Kymographiontrommel). Die beiden Reihen von Versuchen, welche 
die beiden Forscher mitgetheilt haben, sind von sehr verschiedenem 
Werthe. Zuerst benutzten sie Glockentöne, die ungefähr im Quinten- 
verhältniss standen. Da aber die Entstehung des Schalles nicht 
gleichzeitig mit der die Schreibevorrichtung in Bewegung setzenden 
Stromunterbrechung stattfand, auch beim Glockenanschlag ein 
Nebengeräusch entstand, sind die erhaltenen Werthe unbrauchbar2). 
Anders steht es um die zweite Versuchsreihe. Hier wurden die 
auf die Reactions- und Unterscheidungszeit untersuchten Töne 
durch Stahlplättchen hervorgebracht, welche von Elektromagneten 
festgehalten werden konnten. Im Augenblick des Loslassens der 
Plättchen entstand der Ton, und die Schreibvorrichtung notirte zu 
gleicher Zeit diesen Augenblick. Die Töne hatten 640 und 400 
Schwingungen, standen also im Verhältniss einer kleinen Sexte; 
ein dritter Ton lag »ungefähr« zwischen diesen beiden. Zur Ver¬ 
gleichung wurde jedesmal auch auf das durch einen überspringenden 
elektrischen Funken entstehende Geräusch reagirt. Die sich er¬ 
gebenden Reactionszeiten waren : 
Funke höchster Ton mittlerer Ton tiefster Ton 
A. 132 142 151 157 
K. 129 139 157 158 
Aus den Zahlen wird zunächst gefolgert, dass die Reactionszeit mit 
wachsender Tonhöhe abnimmt, während sie beim elektrischen Funken 
am kleinsten ist. Der Grund wird mitExner darin gesucht, dass 
die Fasern des Corti’schen Organs eine gewisse Anzahl von 
Schwingungen benöthigen, bis sie »die zur Erregung des Nerven 
nöthige Excursion« erlangt haben. Die Bestimmung dieser Zahl 
1) v. Kries und Auerbach, Ueber die Zeiten der einfachsten psychischen 
Processe. Du Bois-Reymond, Archiv f. Physiologie 1877. 
2) C. Stumpf (Tonpsychologie I, S. 215 ff.) hat sie trotzdem herangezogen. 
Irrthümlich sind dabei die Hundertstel als Tausendstel angegeben. Auch in der 
mit I bezeichneten Reihe der Unterscheidungszeiten auf S. 216 ist das Komma 
um eine Stelle nach rechts zu rücken. Die Länge der Unterscheidungszeit der 
beiden Glockentöne erklärt sich mit v. Kries und Auerbach unbefangen 
aus der Aehnlichkeit derselben in Folge der Obertöne.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.