Ueber die Reactionszeit und Perceptionsdauer der Klänge. 395
Ein anderes Ergebniss hatte eine ungleich bekannter gewordene
Untersuchung Exner’s1). Dieser leitete den Ton einer Stimmgabel
vermittelst eines Schlauches in die Ohren eines in getrenntem
Zimmer sitzenden Beobachters. Durch eine geeignete Vorrichtung
vermochte der Experimentator den Stimmgabelton beliebig zu unter¬
brechen und aus der verflossenen Zeit die jedesmalige Anzahl von
Schwingungen, die vergangen waren, zu bestimmen. Es ergab sich,
dass ein Ton von 128 Schwingungen nach 17,1 Schwingungen »die
erste Spur einer Tonempfindung erzeugte« (S. 233 a. a. O.), und
dass ein Ton von [64 Schwingungen nahezu ebenso viel, nämlich
16,8 Schwingungen nöthig hatte. In Zeitwerthe umgerechnet würde
das heißen, dass zur Entstehung einer Tonempfindung in dem einen
Falle (128 Schw.) 133 a2), im andern Falle 266 a nöthig waren.
Exner fügt aber hinzu: »Wenn ich hier von der Empfindung des
betreffenden Tones spreche, so ist damit natürlich nicht gemeint,
dass nicht nur eine Gehörsempfindung überhaupt zu Stande kommt,
sondern dass eben dieser Ton in seiner bestimmten Höhe erkannt
wird«. Es handelt sich also hier um die Zeit, die [[bis zur vollen
Apperception des Tones verging, wenn nicht gar auch noch die
Zeit der Wiedererkennung eingeschlossen war. Nach Exner stimmen
die Versuche besonders gut zu der Helmholtz’schen Theorie des
Mitschwingens. Denn nach dieser kann nicht wohl der einzelne,
die gesammten Fasern erregende Luftstoß eine Empfindung ver¬
ursachen, sondern eine solche kann erst in Folge einer Reihe von
Luftstößen entstehen, die mit den Eigenschwingungen der betref¬
fenden Faser übereinstimmen und deren Summirung erst die Elon¬
gation der specifischen Faser bis zu der die Schwelle übersteigenden
Größe bringt. Im Unterschied dazu würde ein Geräusch, wie das
eines überspringenden elektrischen Funkens, durch eine einmalige
kurze Einwirkung auf die Schneckenfasern zu Stande kommen, die
sich zu jener Art verhält, wie ein scharfes Reißen zu einem lang¬
samen Ziehen.
Zu ähnlichen Ergebnissen, wie Exner, sind v. Kries und
1) Zur Lehre von den Gehörsempfindungen. In Pf lüg er’s Archiv Bd. XIII,
1876, S. 228 ff. 2) 1 a = Viooo Sec.