334 Walter Brix. Der mathematische Zahlbegriff und seine Entwicklungsformen.
dehnungslehre zu Grande1). Andrerseits sind aber auch die trans¬
finiten Formen der begrenzten Zahlsysteme vielfach von Nutzen
Beispielsweise lässt sich die sphärische, nichteuklidische Geometrie
mit Quaternionen, die euklidische der Ebene mit den gewöhnlichen
complexen Zahlen leicht behandeln.--
Hiermit dürfte die Classification der Zahlgrößen, soweit sie bei
dem gegenwärtigen Stand der Frage überhaupt räthlich ist, im
wesentlichen erschöpft sein. Denn weder wird die mehr formal
mathematische Trennung in begrenzte und unbegrenzte Zahlsysteme
wegen des Mangels allgemeiner Untersuchungen über die Multipli¬
cationen .viel weiter zu treiben, noch die mehr logische Scheidung
von finit-transfinit und infinit über den Begriff der stetigen Zahl¬
größe auszudehnen sein. Indessen beruht doch die Beschränkung
auf die betrachteten vier Typen auf keiner logisch nothwendigen
Ueberlegung, sondern allein auf der Erfahrung, dass bisher noch
keine Mannigfaltigkeiten von höherer als der zweiten Mächtigkeit
gefunden worden sind. Und wenn auch der genaueste Kenner
dieser Verhältnisse, G. Cantor, außer der Vermuthung, dass die
Gesammtheit aller stetigen und unstetigen Functionen die dritte
Mächtigkeit besitze2), in dieser Richtung noch keinen Fortschritt
hat machen können, so schließt das doch natürlich keinesfalls die
Existenz höherer Mannigfaltigkeiten aus. Es ist ja sogar noch nicht
einmal die zweite Mächtigkeit der stetigen Zahlgröße erwiesen ; und
die Denkbarkeit überstetiger Zahlsysteme ist keineswegs so un¬
wahrscheinlich, dass von vorn herein Forschungen in dieser Richtung
aussichtslos wären. Hat doch Cantor selbst schon in seinen trans¬
finiten Zahlen eine Art Mittelding zwischen discreten und stetigen
Größen aufgestellt. Sind aber erst einmal höhere Mannigfaltigkeiten
gefunden, so würden sich diese leicht wieder zu Zahlgrößen deter-
miniren lassen; und so wird vielleicht die Untersuchung überstetiger
Zahlsysteme einmal eine wesentliche Aufgabe der Zukunft bilden.
1) Hauptsächlich in der Ausdranungslehre von 1862.
2) Vgl. oben S. 319.