Volltext: Der mathematische Zahlbegriff und seine Entwicklungsformen, Schluss (6)

Der mathematische Zahlbegriff und seine Entwicklungsformen. 279 
die dem Nominalismus unbegreifliche Thatsache, dass völlig reale 
Ergebnisse und Beziehungen aus ganz unmöglichen transcendenten 
Formen gewonnen werden. Sie werden nämlich gar nicht durch 
diese Zahlen, sondern in Wahrheit durch die allgemeingiiltigen 
formalen Operationen erhalten, auf deren Bichtigkeit die Bezie¬ 
hungssubstrate ohne jeden Einfluss sind. Die transcendenten Zahlen 
haben eben nur die Bestimmung, als allgemeinere Beziehungssub¬ 
strate für die dem absoluten ZahlbegrifF entwachsenen arithmetischen 
Grundverknüpfungen zu dienen, d. h. genauer gesprochen den drei 
lytischen Operationen allgemeine Gültigkeit zu verleihen. 
Dieser Zweck ist aber auch wohl erreicht. Denn es sind im 
Gebiete der formalen Zahl thatsächlich Subtraction, Division und 
Badicirung in jedem Falle ausführbar geworden, wenn man noch in 
beschränkter Weise die Null hinzunimmt. Es ist nun aher inter¬ 
essant, zu sehen, wie gerade durch ihre unbegrenzte Erweiterung 
ihr Charakter als lytischer Operationen ganz verloren geht. In der 
That kennt das Gebiet der formalen Operationen in seiner allge¬ 
meinsten Herausarbeitung nur die Addition, Multiplication und 
Potenzirung, da ja die Begriffsbestimmung derselben durch ihre for¬ 
malen Yerknüpfungsgesetze auch unmittelbar auf ihre Umkehrungen 
passt. Die Subtraction ist eben hier formal nichts weiter, als die 
Addition einer negativen Zahl, die Division eine Multiplication mit 
einem Bruch, die Potenzirung mit gebrochenen Exponenten ersetzt 
endlich die Badicirung, weil die negativen, gebrochenen und irra¬ 
tionalen Zahlen nothwendig von vorn herein so bestimmt werden 
müssen, dass 
(+«) + (—«) = 0 , j — a ■ j ~ ■ a ; ]/«?== jj/ôj? = « ¥ 
ist. In diesem Sinne spricht man bekanntlich von einer algebrai- j 
sehen.Addition und müsste ebenso eine algebraische Multiplication ' 
und Potenzirung einführen. 
Die Möglichkeit einer derartigen Identificirung entgegengesetzter 
Operationen, welche als solche deshalb nicht mehr erscheinen kön¬ 
nen, weil sie ihre actuelle Bedeutung eingebüßt haben und in for¬ 
maler Beziehung gleich sind, beruht wesentlich auf der Commuta- 
tivität. Denn nur wenn es gleich ist, ob man erst mit a multipli¬ 
ent und darauf mit b dividirt, oder umgekehrt, nur dann können 
Wundt, Philos. Studien. YI. iq
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.