Volltext: Ueber die muskuläre Reaction und die Aufmerksamkeit (6)

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Götz Martius. 
Trotz der möglichst strengen ^Richtung der Aufmerksamkeit auf die 
Bewegung ist eine gewisse Verbindung mit dem Sinnesreiz stets 
vorhanden. Gelingt die muskuläre Reaction gut, so ist die Ab¬ 
lenkung auf den Eindruck minimal. Aber nicht jeder Versuch 
gelingt gleich gut. In diesen geringen Schwankungen ist die Be¬ 
deutung der Perception des Reizes erkennbar. Sie tritt deutlich 
zu Tage in der völligen Abhängigkeit, in welcher sich die Reaction 
von den centralen Bedingungen, den kleinsten Veränderungen der 
Aufmerksamkeitsverhältnisse gezeigt hat. Immer freilich kann die 
gegnerische Meinung einwenden, dass mit derartigen Aenderungen 
der Vorgang aufhört, eine muskuläre Reaction und damit ein Reflex 
zu sein. Ich sehe keine Waffe gegen eine solche Behauptung als 
den Hinweis auf die innere Erfahrung und das Vertrauen, welches 
die Selbstbeobachtung nach unseren Versuchen beanspruchen kann. 
Denn darüber kann kein Zweifel obwalten, dass die innere Er¬ 
fahrung mit großer Sicherheit die Reaction, auch die muskuläre, 
als eine Folge des percipirten Sinneseindrucks bekundet und deut¬ 
lich von jedem andern ähnlichen Vorgang, sei es ein Mittaktiren 
oder eine unwillkürliche Bewegung (Vorreaction), zu unterscheiden 
weiß. Auf diese Weise lässt sich die Ansicht von der inneren 
Gleichartigkeit des muskulären und sensoriellen Reactionsvorgangs, 
wie mir scheint, im höchsten Grade wahrscheinlich machen. 
Worin besteht dann also die Zeit Verkürzung bei der musku¬ 
lären Reaction? Es sind zwei Möglichkeiten vorhanden. Entweder 
wird die Bewegung in Folge der stärkeren Vorbereitung derselben 
schneller ausgeführt, oder der Beginn der Bewegung ist ein früherer, 
weil die Reizvorstellung nicht den Grad des Bewusstseins zu er¬ 
reichen braucht, damit die Bewegung zu Stande kommt, und weil 
die Aufmerksamkeit den Schritt von der Reizvorstellung bis zur 
Bewegungsvorstellung nicht erst auszuführen braucht. Das Zweite 
scheint mir das wahrscheinliche. Zu der Annahme, die Schnellig¬ 
keit der Bewegung sei verschieden, liegt kein besonderer Anlass 
vor, wohl aber waren es gerade jene centralen Verschiedenheiten, 
die sich hei den Versuchen überall als wesentlich für die Zeit¬ 
änderungen psychischer Vorgänge herausstellten. 
Es sei gestattet, die Gesammtauffassung der Zeitverhältnisse 
des psychischen Lehens, wie sie im Vorhergehenden an der Hand
	        
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