Volltext: Untersuchungen über die Auffassung von Tondistanzen (6)

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Carl Lorenz. 
Bestimmung der Empfindungsmitte nicht wesentlich beeinträchtigten. 
In den übrigen Fällen aber, in denen die Empfindungsmitte von 
der Reizmitte abweicht, waren bei der Bestimmung der Empfindungs¬ 
mitte wesentlich ausschlaggebend die Verhältnisse der Schätzungen 
u und o. Das Vorherrschen der Schätzungen u in der Gegend 
der Reizmitte bewirkte die Verschiebung der Empfindungsmitte 
nach oben, das Vorherrschen der Schätzungen o die Verschiebung 
derselben nach unten. Daraus, dass die Lage der Empfindungs¬ 
mitte nach unserer Tabelle in der überwiegenden Zahl der Fälle 
von der Reizmitte nach oben zu abweicht, geht demnach hervor, dass 
in der Mehrzahl der Fälle die Töne Mv in der Gegend der Reiz¬ 
mitte als u geschätzt wurden, dass also die tiefer gelegene Distanz 
TMV, selbst wenn dieselbe ihrer absoluten Schwingungszahl nach 
der höher gelegenen Distanz Mv H gleich oder größer als letztere 
war, in der weitaus größeren Zahl für kleiner gehalten wurde, als 
die ihrer Schwingungszahl nach gleiche oder sogar kleinere, aber 
höher gelegene Distanz Mv H. Die tiefere Distanz T Mv wurde 
somit ihrer absoluten Schwingungszahl nach gegenüber der höher 
gelegenen Mv H unterschätzt. Das Vorherrschen dieser Erschei¬ 
nung lässt vermuthen, dass ein constanter Einfluss auf das Urtheil 
eingewirkt hat. In der That ist es eine bekannte Beobachtung, 
dass hohe Töne bei gleicher Reizstärke eine größere Empfindungs¬ 
stärke besitzen, d. h. einen intensiveren Eindruck auf das Bewusst¬ 
sein ausüben, als tiefe. 
Verschiedenheiten in der Einwirkung der Töne auf das Ohr 
haben sich bei unseren Versuchen, namentlich bei den Versuchen 
mit Tönen der hohen Region, wo die Abweichungen der Empfin¬ 
dungsmitte von der Reizmitte ja auch am bedeutendsten sind, 
mehrfach bemerklich gemacht; dafür sprechen wiederholt in dieser 
Hinsicht gethane Aeußerungen der Beobachter. Diese meist nur 
undeutlich zum Bewusstsein gekommenen Verschiedenheiten der 
zu vergleichenden Tonempfindungen sind jedenfalls auf die größere 
Empfindungsstärke der hohen Töne zurückzuführen. Es ist sehr 
wahrscheinlich, dass dieser Unterschied in der Empfindungsstärke 
auf das ohnehin unsichere Urtheil über die Lage des mittleren 
Tones Mv gegen die Grenztöne in der Gegend der Reizmitte oder 
auf das Urtheil über die gegenseitige Größe der zu vergleichenden, 
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