Untersuchungen über die Auffassung von Tondistanzen. 67
weniger beanlagten Lz in derselben Tabelle. Ein analoges Ver¬
halten tritt meist bei denselben Versuchsreihen in Bezug auf die
o - Schätzungen zu Tage. Mit der größeren Entfernung des Tones
Mv von der oberen Grenze nimmt die Zahl der o - Schätzungen ab,
erreicht in der Mitte oft einen sehr geringen Werth, steigt aber
wieder, trotzdem der Ton Mv sich weiter von der oberen Grenze
entfernt, oft zu einer nicht unbedeutenden Höhe; doch ist die¬
selbe meist geringer als die entsprechende Zahl der u-Schätzungen.
Versuchen wir für diese Erscheinungen eine Erklärung zu
geben, so haben wir einerseits auf die Thatsache selbst, anderer¬
seits auf den Umstand zu achten, dass diese Erscheinung bei den
musikalisch beanlagteren Beobachtern und bei den Reihen, in
denen harmonische Intervalle in Betracht kommen, deutlicher her¬
vortritt, als beiden anderen Beobachtern und Versuchsreihen. Die
Thatsache selbst deutet darauf hin, dass bei diesen Tönen, bei
welchen die u- und o- Schätzungen in so auffallender Weise zurück¬
treten, die m- Schätzungen also eine sehr hohe Zahl erreichen,
die Empfindung der Mitte zwischen den beiden Grenztönen ziemlich
scharf ausgeprägt ist, während bei den Nachbartönen die Empfin¬
dung, dass sie die Mitte selbst nicht sind, vorherrscht, das Urtheil
aber, ob sie oberhalb oder unterhalb derselben liegen, ziemliche
Schwierigkeit verursacht und daher sehr schwankend wird, wie
dies ja vorauszusehen war. Der andere Umstand, wonach die
erwähnte Erscheinung hauptsächlich bei Reihen mit harmonischen
Intervallen und hier wieder am deutlichsten bei den musikalischen
Beobachtern auftritt, weist auf einen Einfluss hin, der seinen
Grund in dem hat, wodurch die in der Musik gebräuchlichen har¬
monischen Intervalle vor den nicht harmonischen Intervallen aus¬
gezeichnet sind, nämlich auf den Einfluss der Klangverwandschaft,
auf welchen wir später noch zurückkommen werden.
Von besonderem Interesse sind für uns weiter die Schätzungen m;
denn sie werden in erster Linie in Frage zu ziehen sein bei der
Bestimmung desjenigen Tones, der als Empfindungsmitte zwischen
den beiden Grenztönen einer Versuchsreihe aufgefasst werden kann.
Von der Lage dieses Tones aber zu den beiden Grenztönen hängt
die Entscheidung über die Gültigkeit oder Ungültigkeit des Weber’-
schen Gesetzes im Gebiet der Tonqualitäten ab. Verfolgen wir
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