Untersuchungen über die Auffassung von Tondistanzen.
Von
Carl Lorenz.
(Mit Tafel I und 2 Holzschnitten.)
.Die Frage nach der Beziehung zwischen Reiz und Empfindungs-
schätzung, in welcher eine der Fundamentalaufgaben der experimen¬
tellen Psychologie besteht, schien im Gebiet der Tonempfindungen
unmittelbar ihre Beantwortung zu finden durch die in der musikali¬
schen Scala niedergelegte Thatsache, dass erstens zwischen den
Schwingungszahlen zweier dasselbe musikalische Intervall bildender
Töne, welche hier die Stelle der Reize vertreten, immer ein constantes
Verhältniss besteht, welche Lage die beiden Töne in der stetigen
Tonreihe auch haben mögen, und dass wir zweitens verhältniss-
mäßig leicht und sicher die gleichen Tonintervalle in den verschie¬
denen Höhen der Tonscala als solche wiedererkennen. Diese letztere
Thatsache schien zu der Annahme zu berechtigen, die gleichen In¬
tervalle seien als gleiche absolute Unterschiede der Tonempfindungen
zu betrachten, und unter dieser Voraussetzung ließ die erstere
Thatsache in der Fassung sich wiedergeben, dass gleichen absoluten
Unterschieden der Tonempfindung gleiche relative Unterschiede der
Schwingungszahlen entsprechen ; unter dieser Voraussetzung ordnen
sich also die Tonempfindungen dem W eb er’sehen psychophysischen
Gesetze unter, und dieses schien im Gebiet der Tonempfindungen
eine werthvolle Bestätigung zu finden.
Schon E. H. Weher, welcher bei Gewichtsversuchen fand, dass,
um gleiche absolute Unterschiede der Empfindung zu erhalten, gleiche