Ueber binaurale Schwebungen.
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ferenzen hervorgehen. Dass die Ueberleitung ohne Phasenverschiebung
vor sich gehe, wird natürlich Niemand behaupten, der einmal die
Kopfknochenleitung anerkennt. Ja sie kann auch nicht nahezu gleich
Null sein, da sonst die beiderseitigen Schwebungen als synchron er¬
kannt würden, und die Localisationswanderung ein Käthsel bliebe.
Beim Auf setzen der Gabeln auf verschiedene Punkte des Kopfes
muss sich dann freilich auch die Phasendifferenz zwischen den
Schwingungen in den beiden Gehörorganen ändern. Aber auch die
Stärke, in der sie zu diesen gelangen, wird im Allgemeinen dabei
eine Modification erfahren; und das allein würde freilich, wie unsere
Formeln und Curven zeigen, auch schon genügen, um die beim fünften
Versuche beobachtete Einschränkung der Localisationswanderung,
ja unter Umständen, wenn das Intensitätsverhältniss der von jeder
Gabel zu beiden Ohren geleiteten Beize zu sehr vom Werthe 1 ab¬
weicht, auch noch das völlige Verschwinden dieser Wanderung zu
erklären. Aber hier schon stellt sich dieser Erklärung eine andere
Schwierigkeit entgegen: Die Schwebungen müssten ja gleichzeitig ver¬
schwinden, was nicht im mindesten zutrifft. Und wie sollte gar die
Umkehrung der Localisationswanderung mit jener Auffassung in Ein¬
klang gebracht werden! — Was nun die bloße Aenderung des Ver¬
hältnisses a{ : a nicht zu erklären vermag, findet durch die Aenderung
von d spielend seine Erklärung: Auch für d = 0 wird Vi = 1, hört
die Localisationswanderung auf, ohne dass dabei die von den Werthen
a und al abhängigen Schwebungen gleichzeitig zu verschwinden
brauchten; und für negatives d hat man nur die Curven der Pig. 5
um die Abscissenaxe zu drehen, so dass jeder oberhalb letzterer ge¬
legene Curventheil unterhalb der Axe zu liegen kommt, und um¬
gekehrt; das bedeutet aber nichts Anderes als eine Umkehrung der
Localisationswanderung. Bei Vertheilung der Gabeln auf bestimmte
Punkte des Kopfes verschwindet nun thatsächlich die Localisations¬
wanderung, während die Schwebungen bestehen bleiben; für diese
muss also d = 0 werden. Beim Aufsetzen der Gabeln auf andere
Punkte vollzieht sich die Localisationswanderung bald in der einen,
bald in der anderen, entgegengesetzten Kichtung, muss also d das
eine Mal positiv, das andere Mal negativ sein. Diese mannigfaltigen
Aenderungen von d sind aber nur verständlich, wenn sich die Schwin¬
gungen von der Ansatzstelle der Gabeln über den ganzen Kopf
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