Ueber binaurale Schwebungen.
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derselben wanderte der Ton rasch seitwärts bis zu der beide Gehör¬
gänge verbindenden Geraden, wo er dann wieder nach Maßgabe seiner
Stärke in größerer oder geringerer Entfernung von dem betreffenden
Ohre, eventuell bei sehr starken Reizen im Innern desselben localisirt
wurde.
3) Endlich wurde unter Zuleitung des gleichen Tones zu beiden
Ohren noch ein dritter Versuch angestellt, bei welchem jedoch den
beiderseitigen Reizen wieder immer die gleiche Stärke gegeben wurde.
Hier wurde nun aber mittelst der besprochenen langen ausziehbaren
Rohrtheile hinter den Mündungsstücken eine Längendifferenz der
beiderseitigen Leitungen eingeführt, wobei natürlich die Entfernung
der Mündungsstücke von den Ohren höchstens dann eine ganz geringe
Aenderung erfuhr, wenn sich bei successiver Vergleichung der beider¬
seitigen Reizstärken eine kleine Ungleichheit bemerkbar gemacht hatte.
Wurde z. B. auf einer Seite etwa eine Wegverlängerung eingeführt,
so musste natürlich die auf diese Weise veranlasste geringe Schwächung
des Reizes dadurch compensirt werden, dass das Mündungsstück dem
betreffenden Ohre ein wenig genähert wurde. Führte ich nun, von
der Gleichheit ausgehend, durch Verlängerung der einen der beiden
Rohrleitungen allmählich eine immer größere Differenz zwischen beiden
Wegen der Schallzuführung ein, so ergab die Beobachtung folgendes :
Der Ton wanderte zunächst genau wie beim vorigen Versuche von
der Medianebene aus nach einer Seite und zwar nach der Seite der
kürzeren Rohrleitung hin, dort blieb er, bis die Verschiebung in der
anderen Leitung nahezu die Größe einer halben Wellenlänge des
verwendeten Tones erreicht hatte, dann zog sich der Ton gewöhnlich
um den Hinterkopf herum rasch, fast sprungweise nach dieser Seite
hin, schien auch manchmal für einen Augenblick geradezu gleichzeitig
vor beiden Ohren gehört zu werden, um alsbald ausschließlich vor
demjenigen Ohre zu erscheinen, zu welchem die längere Leitung führte.
Von hier aus wanderte dann die Localisation wieder nach der Median¬
ebene, welche sie in dem Augenblicke erreichte, wo die Verschiebung
das Maß einer ganzen Wellenlänge unseres Tones erfüllte. Die ganze
Veränderung der Localisation charakterisirt sich hierdurch als eine
periodische. Ihr jeweiliger Ort wird durch die Phasendifferenz be¬
stimmt, welche die beiderseitigen Erregungen zu gleichen Zeiten an
correspondirenden Orten, z. B. ip den Gehörgängen oder an den