Volltext: Ueber Naturzwecke (19)

Ueber Naturzwecke. 
457 
Beactionsweisen in zweckbewusste Willensthätigkeiten und den um¬ 
gekehrten Vorgang der Mechanisirung ursprünglich mit Bewusstsein 
vollzogener Willenshandlungen begreiflich, insofern es sich in beiden 
Fällen jetzt nicht mehr um die Verwandlung eines nur causalen Ge¬ 
schehens in ein finales und umgekehrt, sondern nur um den Eintritt 
bezw. Austritt eines Zweckzusammenhanges in das individuelle Be¬ 
wusstsein handelt. Die Heterogonie der Zwecke endlich und die 
Entstehung höherer Willenseinheiten erklärt sich aus der Einheitlich¬ 
keit des Gesammtwillens, von dem alle Individualwillen abhängig 
sind. 
Ob die universelle Willensthätigkeit als eine bewusste oder als 
unbewusste zu denken sei, bleibe dahingestellt; jedenfalls unterscheidet 
sie sich von der empirisch allein gegebenen individuellen auch sonst 
durch sehr wesentliche Merkmale. Während die letztere, um nur 
einen Unterschied hervorzuheben, den Oausalnexus voraussetzt, muss 
jene umgekehrt als metaphysisches Prius der Causalität gedacht 
werden. Denn da Finalität und Causalität nicht neben einander 
bestehen können, wie in den früheren Abschnitten unserer Arbeit zu 
zeigen versucht wurde, und da die Finalität sich unmöglich auf 
Causalität zurückführen lässt, wie wir in diesem letzten Abschnitt 
sahen, so bleibt nur übrig, diese auf jene zurückzuführen, d. h. den 
Verlauf des Geschehens als eine Beihenfolge von Zweckacten zu 
betrachten, die sich empirisch (in der objectiv-realen Erscheinungs¬ 
welt) als gesetzmäßige Aufeinanderfolge einzelner Ursachen und Wir¬ 
kungen darstellt. Diese Zweckacte aber können nur als unmittelbare, 
d. h. so gedacht werden, dass in jedem Moment die maßgebende 
Zweckvorstellung mit dem realisirten Zweck in Eins zusammenfällt. 
Wenn sonach die Thatsache des zweckbewussten individuellen 
Wollens uns dazu nöthigt, »das kosmische Geschehen selbst als eine 
Entwicklung im wahren Sinne des Wortes«, d. h. als »einen Verlauf 
unter einander verbundener Ereignisse, durch die objective Zwecke in 
gesetzmäßiger Beihenfolge zur Erfüllung gelangen«J), zu betrachten, so 
ist doch damit, wie kaum nochmals hervorgehoben zu werden braucht, 
der Gebrauch des Zweckbegriffes außer für die Psychologie und die 
darauf sich gründenden Geisteswissenschaften nur für die Metaphysik, 
1) Wundt, System, S. 501.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.