452
E. König.
sondern eine metaphysische. Auf Einzelobjecte und einzelne Vor¬
gänge als solche findet der Zweckbegriff keine Anwendung, da ja
der Voraussetzung nach innerhalb des Weltprocesses alles causal
determinirt ist, und nur die ersten Grundlagen und die allgemeinsten
Bedingungen des Daseins (die Anfangslage der Welt und die in ihr
herrschenden Gesetze) auf Zwecke berechnet sind. Am klarsten
kommt dies zum Ausdruck in dem theistischen System des Leibniz,
der die bestehende Weltordnung auf einen vorweltlichen göttlichen
Willensact zurückfuhrt und damit die weitere Verfolgung der teleo¬
logischen Hypothese zu einer theologischen Aufgabe macht. Für den
Pantheismus ist zwar die Zweckthätigkeit des Absoluten (der natura
naturans) in gewissem Sinne eine innerweltliche, insofern sie in jedem
Momente und an jedem Punkte wirksam ist, aber sie gehört doch
nicht der Erscheinungswelt an, sondern liegt ihr als metaphysische
Bedingung zu Grunde, kommt also nicht in Frage, so lange wir nur
den Zusammenhang der in der Erfahrung gegebenen Objecte und
Vorgänge betrachten. Umgekehrt wird daher auch gegen eine meta¬
physische Teleologie, d. h. gegen die Annahme einer im Absoluten
bestehenden Zweckbestimmung, vom Gesichtspunkte der empirischen
Naturbetrachtung nichts einzuwenden sein, falls irgend welche ander¬
weite Gründe sie nothwendig machen sollten. In der That gibt es nun,
wie ich glaube, ein Factum, welches nur verständlich wird, wenn wir
die in der physischen Sphäre ausnahmslos und ausschließlich geltende
causale Determination als Ausdruck oder Erscheinungsform einer
metaphysischen Zweckthätigkeit betrachten, das ist die bewusste indi¬
viduelle Willensthätigkeit.
6. Bisher haben wir im Anschluss an die vulgäre Auffassung der
Dinge angenommen, dass beim Wollen die äußere Handlung durch
die vorhergehende Zweckvorstellung bestimmt werde, wenn es auch
nicht möglich war, diesen Vorgang auf irgend einen klaren Begriff
zu bringen. Sind jedoch die gegen die Hypothese einer objectiven
Zweckbestimmung in der Natur vorgebrachten Gründe überhaupt
richtig, so treffen sie ganz unvermeidlich auch diese Annahme mit,
und die Meinung, dass wir nach Zwecken handeln, müsste im
Gegensatz zum natürlichen Bewusstsein für eine bloße Illusion er¬
klärt werden.1) Wenn die Vorstellungen oder irgend welche anderen
1) Mit Recht hat Reinke die enge Verbindung des biologischen Problems der