Volltext: Ueber Naturzwecke (19)

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E. König. 
neue Verkeilung der Materie zum Ergebniss, und wenn man den 
Nachdruck darauf legt, dass im gegebenen Falle nicht nur überhaupt 
eine Form, sondern eine zweckmäßige Form herauskommt, so ist dies 
nur ein neues Beispiel für die Thatsache, dass alle physiologischen 
Processe, zu denen ja, im weiteren Wortsinne, auch die Ontogenese 
gehört, im Sinne der Lebensförderung verlaufen. 
4. Wenn sonach, wie schon Kant ausgesprochen hat1), die Rea¬ 
lität von Naturzwecken aus der Erfahrung nicht bewiesen werden 
kann, so bleibt doch die Möglichkeit offen, dass sie als Hypothese 
zur Erklärung gewisser Erscheinungen unentbehrlich ist. Betrachten 
wir unter diesem Gesichtspunkte zunächst die vitalen Functionen, so 
würde die Annahme einer dabei mitspielenden Zweckbestimmung von 
vornherein auszuschließen sein, wenn diese Vorgänge sich, der mecha¬ 
nistischen Ansicht entsprechend, restlos auf dieselben elementaren 
Wirkungsweisen zurückführen ließen, aus denen sich die Vorgänge 
in der unorganischen Natur zusammensetzen. Denn zugegeben selbst, 
dass eine neben der Causalität einhergehende Zweckbestimmung über¬ 
haupt denkbar ist, so würde doch vom Standpunkte der Naturwissen¬ 
schaft keine Veranlassung vorhanden sein, zu diesem Erklärungs- 
princip zu greifen, wenn sich die Erscheinungen schon aus dem 
Causalitätsprincip vollständig ableiten lassen. Nun ist die mechanisti¬ 
sche Auffassung des Lebens keineswegs ein gesichertes Ergebniss 
wissenschaftlicher Forschung, sondern ein in allgemeinen naturphilo¬ 
sophischen Erwägungen begründetes Postulat. Von der wirklichen 
Einsicht in die chemischen und physikalischen Processe, die die 
Lebenserscheinungen constituiren sollen, sind wir himmelweit ent¬ 
fernt, und es ist fraglich, ob diese Einsicht jemals in einem solchen 
Umfange zu erlangen sein wird, dass kein unaufgelöster Best mehr 
zurückbleibt. Man kann sich hierüber aber auch gar nicht wundem, 
wenn man bedenkt, dass schon der einfachste Organismus ein äußerst 
complicirtes Gebilde ist, und dass deswegen auch der Zusammenhang 
der an ihm sich abspielenden Processe ein sehr verwickelter sein 
muss. Auch im Gebiete der anorganischen Natur sind wir ja überall, 
wo die Bedingungen des Geschehens einigermaßen verwickelte sind 
(z. B. schon bei der Fallbewegung eines unregelmäßig gestalteten 
1) Kritik der Urtheilskraft, § 60.
	        
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