Volltext: Ueber Naturzwecke (19)

lieber Naturzwecke. 
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thätigkeit betrachten, die entweder die Herstellung dieser Gruppirung 
zum Endziel hatte oder sich derselben nur als eines relativ beständigen 
Mittels zur Herbeiführung der eigentlich bezweckten Erfolge bedient. 
Die Unterscheidung beider Richtungen der Zweckbeurtheilung ist 
auch deswegen wichtig, weil ihnen zwei typische Formen natur¬ 
wissenschaftlicher Teleologie entsprechen, die man, mit nicht ganz 
zutreffenden Ausdrücken, als dynamische und statische bezeichnet hat, 
Die erstere Form ist die umfassendere, denn die Annahme, dass es 
ein Zweckgeschehen in der Natur gebe, schließt die weitere in sich, 
dass gewisse Bildungen als Erzeugnisse einer Zweckthätigkeit auf¬ 
zufassen sind. Hingegen kann man sehr wohl eine größere oder 
kleinere Zahl von Naturobjecten als Zweckerzeugnisse ansehen, ohne 
irgend einem einzelnen empirisch gegebenen Geschehen die Bedeutung 
einer Zweckthätigkeit beizulegen, falls man annimmt, dass jene Objecte 
einem aller Erfahrung vorausgehenden (transcendenten) Zweckacte ihr 
Dasein verdanken. Daraus erhellt freilich zugleich, dass diese Art 
von Teleologie nicht eigentlich mehr eine naturwissenschaftliche, 
sondern eine metaphysische ist, insofern dabei gegebene Thatbestände 
mit Zweckvorstellungen einer überweltlichen, außerhalb des Zusammen¬ 
hangs des räumlich und zeitlich bestimmten Daseins stehenden In¬ 
telligenz in Verbindung gebracht werden, während von Naturzwecken 
im eigentlichen Sinne nur soweit gesprochen werden kann, als nicht 
nur die Zweckerfolge, sondern auch die zwecksetzende Intelligenz 
und der Zwecke realisirende Wille in dem Zusammenhänge des 
Naturganzen eingeschlossen sind. 
Die untrüglichsten Anzeichen für die Existenz von Naturzwecken 
hat man zu allen Zeiten an den Organismen zu finden geglaubt. 
Und in der That, je genauer die Structur und die Functionen der 
Lebewesen erforscht worden sind, desto mehr einzelne Züge von 
Zweckmäßigkeit haben sich herausgestellt, so dass man das Leben 
selbst geradezu als die »Fähigkeit, auf die Einflüsse der Umgebung 
zweckmäßig zu reagiren«, definirt hat1). Fasst man die betreffenden 
Erscheinungen genauer ins Auge, so zeigt sich indess sofort, dass 
ihre Unterordnung unter den Zweckbegriff eigentlich eine petitio 
1) Wolff, Beiträge zur Kritik der Darwinschen Lehre (Leipzig 1898), S. 62. 
Plate, Ueber Bedeutung und Tragweite des Darwinschen Selectionsprincips 
(Leipzig 1900), S. 9.
	        
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