lieber Naturzwecke.
429
der Grundlage unbewusster Vorgänge, das ist unleugbar, aber eine
sehr kühne Hypothese ist es, wenn man diese Vorgänge selbst als
Aeußerung einer unbewussten Zweckthätigkeit auffasst. Ueberdem
ist nicht ersichtlich, wieso die unbewusste Finalität eher als echte
Kategorie gelten könnte, als die bewusste, denn wenn hier auch der
Zusammenhang zwischen Zweckvorstellung und Zweckerfolg als ein
unmittelbarer gedacht werden kann, so besteht doch immer noch die
Schwierigkeit, dass die beiden verknüpften Glieder disparaten Gebieten
angehören. So wenig aber ein Ton sich in das System der Farben
einordnen oder zu ihm in irgend eine Beziehung bringen lässt, so
wenig ist es möglich, eine Vorstellung und ein reales Geschehen in
ein positives Verhältnis zu einander zu bringen.
Wir kommen also zu dem Resultat, dass der Begriff der Zweck¬
thätigkeit oder Zweckbestimmung wesentlich ein empirischer ist, der
einen verwickelten Thatbestand der unmittelbaren Erfahrung be¬
zeichnet, nicht ein reiner Verstandesbegriff, der eine elementare Function
des auf die Erfahrungsdaten angewandten verknüpfenden Denkens
abspiegelt. Daraus folgt aber, dass wir durchaus nicht ohne weiteres
berechtigt sind, jeden beliebigen Vorgang ebenso einem Zweck-
zusammenhange einzuordnen, wie wir ihn, gemäß dem Oausalprincip,
in causale Beziehung zu anderen setzen. Der Ursachbegriff ist seinem
Inhalte nach allgemeingültig, da er den Objecten keinerlei besondere
Beschaffenheit beilegt, sondern ein Verhältnis bezeichnet, das gar
nicht in der Erfahrung gegeben sein kann, sondern stets zu den
Objecten hinzugedacht werden muss. Der Zweckbegriff gilt aus
demselben Grunde unmittelbar nur für die menschlichen Willens¬
handlungen; wenn wir ihn auf andere Vorgänge anwenden, so legen
wir diesen den Charakter von Willenshandlungen bei, d. h. wir machen
die Hypothese, dass an ihrem Zustandekommen psychische Bedingungen
in der gleichen Weise betheiligt sind, wie dies bei der menschlichen
Willensthätigkeit der Fall ist. Wenn daher auch die causale Deutung
eines gegebenen Thatsachencomplexes in gewissem Sinne immer hypo¬
thetisch bleibt, insofern das Bestehen eines nothwendigen Zusammen¬
hangs zwischen den einzelnen Bestandteilen desselben niemals
empirisch erwiesen werden kann, so ist es die teleologische Deutung
doch noch in einem weit engeren Sinne, denn hier wird der That¬
bestand selber durch Hinzufügung psychischer Glieder hypothetisch