Volltext: Die Dimensionen des Raumes (19)

Die Dimensionen des Raumes. 
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gerechtfertigter, das Eingreifen einer unbekannten Gewalt anzunehmen, 
die das rechte Individuum vernichtete und das linke neu schuf, als 
zur vierten Dimension seine Zuflucht zu nehmen. Denn die erstere 
Annahme verstößt nur gegen das bisher Beobachtete, die letztere 
aber gegen die nothwendigen Anschauungs- und Denkgesetze. 
Man nimmt gewöhnlich an, dass wir hei der Vorstellung einer 
Fläche oder Ebene von dem, was man die dritte Dimension nennt, 
völlig ahstrahiren. Wenn man damit aber meint, dass man bei der 
Vorstellung einer Fläche den die Fläche einschließenden Baum als 
nicht vorhanden betrachten könne, so scheint mir das eine folgen¬ 
schwere Verkennung dessen zu sein, was die Abstraction wirklich ist 
und sein kann. Von dem als nothwendig Erkannten kann 
man überhaupt nicht ahstrahiren. Ein geometrischer Satz, 
dessen Bichtigkeit man eingesehen hat, muss immer und überall gültig 
sein. Kommt derselbe hei irgend einem Gedankengange überhaupt 
nicht in Frage, so braucht man auch nicht von ihm zu ahstrahiren. 
Kommt er aber in Frage, so handelt man gegen die Wahrheit, wenn 
man ihn dennoch nicht berücksichtigt, und die Ergebnisse können 
niemals Anspruch auf Gewissheit oder wissenschaftlichen Werth 
machen. Wenn man von etwas Thatsächlichem abstrahirt, so heißt 
das weiter nichts, als dass man ihm im betreffenden Falle nur ge¬ 
ringe oder keine Aufmerksamkeit zuwendet, nicht aber, dass man 
dasselbe als nicht vorhanden, nicht thatsächlich annimmt. Die Eigen¬ 
schaften, Verhältnisse und Beziehungen, von welchen man in einem 
gegebenen Falle abstrahirt, werden nicht etwa als nicht vorhanden 
betrachtet, sondern sie werden nur möglichst weit aus dem Centrum 
der Aufmerksamkeit weggerückt. Eine völlige oder auch nur an¬ 
nähernd vollständige Abstraction, die ja der Negirung gleich oder 
nahe käme, ist eben so wenig möglich wie eine Annäherung an die 
Null oder eine Annäherung der linearen Größe an den Punkt. Jede, 
auch die geringste Größe, ist unendlich viel größer als das Nichts, 
und jede, auch die kleinste Linie, auch wenn man sie in der Maske 
des Linienelements auftreten lässt, ist, mit genügend starkem Ver¬ 
größerungsglas betrachtet, eine große Linie, während der Punkt 
immer Punkt bleibt. So darf auch die Abstraction niemals zur 
völligen Vernachlässigung oder Negation werden. Nur so lange man 
dessen eingedenk bleibt, bilden die Producte der Abstraction recht- 
Wundt, Philos. Studien. XIX. 26
	        
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