Volltext: Die Dimensionen des Raumes (19)

Die Dimensionen des Raumes. 
397 
Punktmengen spielen in der modernen Mathematik eine wichtige 
Rolle, und man behandelt diese »Gebilde«, als ob die Menge der 
Punkte ihre charakteristische Eigenschaft sei, die sich sodann zur 
Deduction anderer Raumbeziehungen verwenden lasse. »Eine Punkt¬ 
menge besteht aus unendlich vielen Punkten«(wobei die Unendlich¬ 
keit von verschiedener Ordnung sein kann) und kann sogar noch so¬ 
genannte Verdichtungsstellen enthalten, wo sich die Punkte besonders 
häufen. Nun behaupte ich aber: Eine Punktreihe oder Punktmenge 
ist von einem einzelnen Punkte gar nicht verschieden, außer 
wenn sie neben der Menge von Punkten noch etwas anderes ent¬ 
hält, was qualitativ über die Eigenschaften des Punktes hinausgeht, 
z. B. lineare oder flächenhafte Ausdehnung. Jeder beliebige Punkt 
kann als Punktmenge oder als Yerdichtungsstelle von beliebiger Stärke 
aufgefasst werden; und alles, was man mit Hülfe solcher widerspruchs¬ 
vollen Scheinbegriffe, wie Punktmenge u. s. w., zu erreichen vorgibt, ist 
lediglich das Product einer logischen Erschleichung. 'Zwischen Punkt 
und Linie oder Linie und Fläche besteht ein qualitativer Unterschied, der 
durch keine quantitative Approximation überbrückt werden kann. Diese 
falsche Idee des »unräumlichen« Punktes, der doch als Raumelement 
fungiren muß, ist selbst in der neuesten mathematischen Litteratur nicht 
beseitigt. Auch Russell sieht eine Antinomie darin, dass Geraden 
und Ebenen einerseits als Beziehungen von Punkten betrachtet werden 
müssen (projective Geometrie) während sie anderseits doch aus Punkten 
bestehen (made up of points). »Ein Punkt muss räumlich sein«, 
sagt Russell1 2), »sonst könnte er nicht die Aufgabe eines Raum¬ 
elements erfüllen. Anderseits aber darf er doch keinen Raum ent¬ 
halten, denn besäße er irgend welche endliche Ausdehnung, so wäre 
er weiterer Zerlegung fähig«. Diese Schwierigkeit in dem sich selbst 
widersprechenden Begriff des unräumlichen Raumelementes glaubt 
Russell heben zu können, wenn er jedem geometrischen Satze von 
vornherein eine gewisse Beziehung zur Materie gibt und das punk¬ 
tuelle Raum-Element durch das Atom ersetzt, da dies ein nicht- 
1) F. Klein, Vorlesungen über die Anwendung der Differential- und 
Integral-Rechnung auf Geometrie. Eine Revision der Principien. 1902 ; S. 36, 
2) Russell, The Foundations of Geometry 1897, p. 189.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.