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A. Kirschmann.
Gesetz nicht nur für Primzahlen, sondern für alle ungeraden
Zahlen gilt.
Auch aus folgendem Grunde ist die Analogie zwischen Dimen¬
sionen und Potenzen eine ungenügende und schiefe: Man kann die
Multiplication aus der Addition, die Potenzirung aus der Multipli¬
cation ableiten, d. h. die Operation höherer Ordnung als eine Wieder¬
holung der Operationen niederer Ordnung darstellen. Man kann
aber nicht die Ebene aus der linearen Ausdehnung, den Raum aus
der Ebene ableiten, ohne jedes Mal ein ganz neues, räumliches Mo¬
ment einzuführen. Durch arithmetische Operationen mit linearen
Größen erhält man immer wieder lineare, durch rechnerische Ope¬
rationen mit Flächengrößen immer wieder Flächengrößen. Es ist
zwar ganz richtig, dass ein Rechteck, das 20 m lang und 5 m breit
ist, 20 X 5 Quadratmeter, d. h. quadratische Flächen von 1 m Seiten¬
länge enthält. Wenn man die Maßzahlen der linearen Seitengrößen
multiplicirt, so erhält man die Maßzahl der Fläche auf die Flächen¬
einheit (die als Seitenmaß die Linieneinheit hat) bezogen. Es hat
aber noch niemand bewiesen, dass die lineare Maßeinheit, mit sich
selbst multiplicirt, die Einheit des Flächenmaßes ergibt. Es be¬
steht eine Coincidenz der zweiten und dritten Potenz mit den Maß-
factoren von Ebene und Körper, nicht aber mit Ebene und Körper
selbst.
Mit welchen wunderbaren, mathematischen Eigenschaften man
übrigens die geometrischen Gebilde der höheren Dimension begaben
muss, möge aus dem folgenden Beispiel geschlossen werden, welches
nicht über die vierte Dimension hinausgeht: Wenn a' eine Linie,
a5 ein Quadrat von der Seitenlänge a und a3 einen Würfel reprä-
sentirt, so bedeutet ai einen 4-dimensionalen Körper. Wie ein Qua¬
drat von 4 Seiten, ein Würfel von 6 quadratischen Flächen begrenzt
wird, so wird dieses 4-dimensionale Raumgebilde von 8 Würfeln be¬
grenzt. Seine Ecken und Kanten werden nicht von Flächen sondern
von Körpern, jenen begrenzenden Würfeln, gebildet; so hat es
z. B. 16 vierdimensionale Ecken u. s. w.1).
In allen diesen Speculationen über nicht-euklidische Geometrie,
höhere Dimensionen, Räume höherer Ordnung, hat man meines Er-
1} Hermann Schubert in: The Monist III, p. 433 f.