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A. Kirschmann.
geschlossene System der Farbenqualitäten ein unbegrenztes nennen.
Da übrigens ein unbegrenztes Gebilde von n Dimensionen ein von
ihm begrenztes von n + 1 Dimensionen voraussetzt1), so wäre mit einem
unbegrenzten 3 - dimensionalen Räume die Nothwendigkeit eines
4-dimensionalen gegeben.
Auch der pseudosphärische Raum hat recht interessante Eigen¬
schaften. In seinen, den Ebenen des euklidischen Raumes entsprechenden
»ebensten Flächen« kann man beispielsweise durch jeden Punkt zu
jeder Geraden ganze Scharen paralleler Linien ziehen. Während
im sphärischen Raume die Summe der Winkel im Dreieck stets
größer ist als 180°, erreicht sie im pseudo-sphärischen Raume diesen
Werth niemals.
Neuere Vertreter der Metamathematik, wie Felix Klein u. A.
suchen die nicht-euklidische Geometrie mit der projectiven in Ver¬
bindung zu bringen, wobei es natürlich ohne Maßbestimmung und
Coordinaten nicht abgeht2), obgleich die projective Geometrie, wenn
sie eine conséquente Ausdehnungs- und nicht Größenlehre sein wollte,
die Begriffe der Entfernung, Strecke, Winkelgröße nicht kennen
dürfte. Man spricht dann von hyperbolischen und elliptischen
Räumen im Gegensatz zu dem gegebenen, der parabolisch ist, und
führt neue, unklare Begriffe, wie hyperbolisches und elliptisches Ent¬
fernungsmaß, ein. In der elliptischen Geometrie laufen die »Geraden«
natürlich in sich selbst zurück, oder wie man sich »noch deutlicher«
ausdrückt, sie besitzen zwei imaginäre, unendlich ferne Punkte.
Während im sphärischen Raume die geodätischen Linien zwei Punkte
gemein haben können, können sie sich im elliptischen Raume nur in
einem Punkte schneiden. Jedem Punkte im elliptischen Raume ent¬
sprechen zwei im sphärischen. Wie wenig übereinstimmend die Ideen
über diese nicht-euklidischen Räume sind, lässt sich daraus ersehen, dass
es Metamathematiker gibt, welche den von Klein so stark betonten
Unterschied zwischen sphärischer und elliptischer Geometrie gar nicht
anerkennen und behaupten, beide Räume seien gar nicht verschieden.
In der hyperbolischen Geometrie besitzt jede »Gerade« zwei un¬
endlich ferne Punkte. Aber es kann offenbar solche Geraden nicht
1) Milau, Aus den Grenzgebieten der Mathematik und Philosophie, S. 32.
2) Vgl. auch Natorp, Zu den log. Grundlagen der neueren Mathematik, II.
Arch. f. system. Philos., VII, S. 207.