Die Dimensionen des Raumes.
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Metageometrie. Da werden fortwährend Begriffe gebraucht, die der
euklidischen Geometrie entnommen sind. Es werden ihnen dann
Eigenschaften beigelegt, die sie beim euklidischen Gebrauch ohne
Widerspruch nicht haben können. Man sagt dann, in der nicht¬
euklidischen Geometrie seien die Widersprüche nicht vorhanden. Das
sagt man, und wenn es bewiesen werden soll, dann wartet man wieder
mit schlecht passenden Analogien und zugestandenermaßen unrichtigen
Illustrationen aus der euklidischen Raumlehre auf.
Da ist endlich die einseitige analytische Behandlungsweise. Man
könnte fast von einer analytischen Manie reden. Die geschriebene
Formel gilt alles, die Anschauung, auch da, wo es sich um räumliche
Verhältnisse handelt, gar nichts. Figuren sind nahezu verpönt, be¬
sonders wenn sie etwas complicirterer Art sind und die klare Raum¬
beobachtung des exacten Zeichners voraussetzen. Man kann fertige
Mathematiker, mit der fac. doc. in der Tasche, treffen, die Kegel¬
schnitte »durchaus studirt« haben und die analytischen Formeln dar¬
über nur so aus dem Aermel schütteln können, die aber die Be¬
merkung, dass alle Parabeln einander ähnlich seien (es handelt sich
hier natürlich nur um Curven zweiten Grades) mit Hohnlächeln auf¬
nehmen, die Richtigkeit derselben energisch bestreiten, einen geo¬
metrischen Beweis, dem sie Schritt für Schritt zuzustimmen genöthigt
sind, einen Trugschluss nennen und sich erst beruhigen, nachdem ein
Professor zur Entscheidung zögernd sein Wort zu ihren Ungunsten
in die Wagschale geworfen hat. Da kann man sich doch des Ge¬
dankens nicht erwehren, dass solche Mathematiker trotz alles Formel¬
wissens die wichtigsten Eigenschaften der Kegelschnitte nicht erfasst
haben. Man hat sich an die cartesianische Methodq so sehr gewöhnt,
dass man sie als etwas ganz Selbstverständliches und Natürliches
betrachtet, so wie der Ungebildete das decadische Zahlensystem, das
sich der Mensch an seinen fünf Fingern abgesehen hat, obgleich ein
duodecadisches ungleich praktischer wäre, für das einzige in der Natur
der Sache begründete hält.
Die analytische Geometrie ist ein rein quantitatives Verfahren,
dessen Sätze sich ebenso gut auf die eindimensionale sog. reine
Größenlehre beziehen könnten. Die Beziehung zum Raum wird nur
dadurch hergestellt, dass man die zwei oder drei Variahein auf je
eme constante Grundrichtung beschränkt, wobei man aber, um nicht für