Die Dimensionen des Raumes.
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ober und einige unterschwefligsaure Alkalien und alkalische Erd¬
metalle krystallisiren, enantiomorph. Im tetragonalen System liefert
die trapezoedrische und im rhombischen die sphenoidische Hemiedrie
enantiomorphe Gestalten. Als Beispiele für die trapezoedrische
Hemiedrie in tetragonalem System sei das schwefelsaure Strychnin
und das schwefelsaure Aethylendiamin ermähnt, und als solches für
die sphenoidische Hemiedrie des rhombischen Systems der Zinkvitriol
und die meisten weinsteinsauren Salze1).
Der enantiomorphe Charakter eines Krystaïls ist häufig nicht aus
seiner äußeren Gestalt zu erkennen und zwar nicht bloß deshalb,
weil er etwa nur in Bruchstücken oder schlecht ausgebildeten Indi¬
viduen vorliegt, sondern weil die holoedrische Form äußerlich mehr
oder minder vollkommen erhalten ist. Das eben erwähnte schwefel¬
saure Aethylendiamin z. B. zeigt ganz holoedrisch erscheinende
Formen, trotzdem sich die Krystalle bei optischer Untersuchung
scharf in rechte und linke scheiden. Bei den Krystallen des Berg-
krystalls, Amethystes und Bauchquarzes gibt sich der tetartoedrisch
enantiomorphe Charakter oft nur durch leichte Andeutung der Flächen
des trigonalen Trapezoeders oder der trigonalen Pyramide zu erkennen ;
zuweilen aber fehlt auch jedes äußere Anzeichen.
Bei isotropen und optisch einaxigen Krystallen verräth sich die
Enantiomorphie bei optischer Untersuchung durch die Circularpolari¬
sation (Kotations-Polarisation). Auch bei optisch zweiaxigen Mine¬
ralien, wo der Nachweis der Circularpolarisation ausgeschlossen ist,
documentirt sich der enantiomorphe Charakter häufig dadurch, dass
die Substanzen in Lösungen die Polarisationsebene drehen. Während
Bohrzucker, Campher und Weinsäure nur in Lösungen, Kieselsäure
(Quarz) nur in krystallisirtem Zustande die Eigenschaft der Circular¬
polarisation erkennen lassen, zeigen andere Substanzen, wie z. B. das
schwefelsaure Strychnin das Drehungsvermögen sowohl im festen wie im
gelösten Zustande. Terpentinöl (das aus Pinus abies und Pinus picea
gewonnene ist linksdrehend, das aus anderen Pinus-Arten [Pinus
silvestris, Pinus austriaca und Pinus strobus] erhaltene ist rechts¬
drehend) besitzt das Drehungsvermögen, wie Biot zuerst nachwies,
sogar in allen drei Aggregatzuständen.
1) Vgl. (troth. Physikalische Krystallographie, sowie Liebisch, Geometri¬
sche Krystallographie. 1888, und Liebisch, Physikalische Krystallographie, 1891.
Wundt, Philos. Studien. XIX. 22