Volltext: Die Dimensionen des Raumes (19)

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A. Kirschmann. 
sie ist complex und der Differenzirung und Entwickelung fähig. 
(Damit ist natürlich nichts gegen die Apodicticität der die Größen 
Verhältnisse betreffenden mathematischen Theoreme ausgesagt.) 
Die von den Vertretern der Herbart’schen Schule in negativem, 
von Lotze, Wundt und Ebbinghaus aber im positiven Sinne be¬ 
antwortete Frage, ob das in bewegungsloser Umgebung in absoluter 
Ruhe befindliche Auge räumlich sehen würde, muss daher im Sinne- 
der letzteren Ansicht entschieden werden. Ein solches Auge hätte 
zwar keinerlei Veranlassung, Beurtheilungen über Größe und Ent¬ 
fernung anzustellen. Der räumlichen Unterscheidung aber wäre es 
r von vornherein ebenso fähig wie der Unterscheidung von Hell und 
Dunkel, Roth und Blau. Es könnte von Anfang an wahrnehmen: 
Dieser Punkt ist nicht jener Punkt; diese Richtung ist eine andere 
als jene; dieser Punkt oder diese Richtung liegt zwischen jenen 
Punkten oder Richtungen. Das sind denn auch in der That die 
letzten Grundthatsachen, von denen die neuesten Behandlungen der 
Grundlagen der Raumlehre ausgehen1). 
Die angeregte Frage wird gewöhnlich nur mit Rücksicht auf die 
flächejnhafte Ausdehnung des Gesichts- und Tastfeldes aufgeworfen. 
Wie steht es nun damit bei Hinzuziehung der dritten Dimension? 
Diese Frage aber führt uns zu unserem speciellen Probleme zurück, 
zu der Behauptung Zöllner’s, dass die Art und Weise, wie wir zur 
dritten Dimension gelangen, auch die Annahme einer vierten recht- 
fertige oder gar fordere. 
Die flächenhafte Natur des Gesichtsraumes ist von Max Kauf f- 
mann2) und neuerdings von Ebbinghaus3) betont worden, welcher 
- dabei die zweidimensionale Raumanschauung als etwas Ursprüngliches 
und Elementares annimmt. Er denkt sich die ursprüngliche Flächen¬ 
wahrnehmung analog derjenigen, die wir haben, wenn wir in eine 
durchsichtige Flüssigkeit, in die Finsterniss eines Zimmers, in einen 
dicken Nebel, gegen den Himmel oder in die Gluth einer großen 
Flamme blicken4). Aber wenn nicht sichtbare Verschiedenheiten, 
1) David Hilbert, Grundlagen der Geometrie. Festschrift zur Enthüllung 
des Gauß-Weber-Denkmals in Göttingen. 1899. 
2) Immanente Philosophie. S. 10 ff. 
3) Psychologie, I, S. 440. 
4) Ebenda, S. 428.
	        
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