Volltext: Die Dimensionen des Raumes (19)

Die Dimensionen des Raumes. 
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auch für sie das gewordene Elächgnhafte einen höheren Grad von 
Unmittelbarkeit, oder besser einen geringeren Grad von Mittelbarkeit 
als die gewordene Tigfe. Wundt’s genetische Theorie passt weder 
in die Schablone des Empirismus noch in die des Nativismus, da 
auch seine Raum théorie von dem Grundgedanken seiner Theorie des 
psychischen Geschehens durchdrungen ist; dem Gedanken nämlich, dass 
für das psychische Geschehen das Gesetz der Erhaltung der Energie, 
der Satz von der Aequivalenz von Ursache und Wirkung, nicht gilt. 
Das psychische Gewordene enthält mehr als das Product der Zu¬ 
sammenwirkung seiner Ursachen. Wie bei allen großen Neuerungen, 
so passt auch hier das bisherige Schema der Classification nicht mehr. 
Auf denjenigen Theil des Gewordenen, der sich nicht aus den Be¬ 
dingungen seines Werdens ableiten lässt, lassen sich die gewohnten 
Begriffe wie »a priori«, » a posteriori«, »angeboren« und »aus der Er¬ 
fahrung stammend« nicht mehr anwenden. 
Von den Natijjsten kommen hier nur diejenigen in Betracht, die 
nicht drei, sondern nur z^ei Dimensionen als ursprjjnglich gegeben 
erachten, während sie die dritte empirjgtisch erklären. Hierher ge¬ 
hören Max Kauffmann und Ebbinghaus, der in seiner Psycho¬ 
logie einem solchen partiellen Nativismus angelegentlich das Wort redet. 
Bei dieser Gelegenheit muss ich bemerken, dass mir die Gegen- 
/ Überstellung von nativistischen und empiristischen Theorien im Grunde 
genommen nicht recht verständlich erscheint. ErsJJjch sind die Be¬ 
griffe »angeboren« und »in der Erfahrung erworben« doch sehr com- 
plicirter Natur, und es ist daher nicht ohne weiteres sicher gestellt, 
dass sie selbst ohne Zuhülfenahme der fertigen räumlichen Anschauung 
überhaupt eine Bedeutung haben; jedenfalls müssten sie darauf hin 
erst gründlich untersucht werden. Zweitens aber schließen sich diese 
Begriffe gar nicht gegenseitig aus; ganz abgesehen davon, dass die 
nativistische und empiristische Schule sich gegenseitig weitgehende 
Concessionen machen. Das Angeborene ist doch auch geworden und ' 
erworben, wenn das individuelle Bewusstsein überhaupt einen Anfang 
hat; und das durch die Erfahrung Erworbene muss doch potentiell 
auch angeboren sein, um überhaupt erfahren werden zu können. Ist 
beispielsweise die Earhenqualität Roth angeboren oder erworben? 
Sie ist beides; denn wenn sie potentiell nicht angeboren ist (wie heim 
Rothgrün-Blinden), dann kann keine Erfahrung sie erzeugen; und
	        
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