Ueber Vertheilung und Empfindlichkeit der Tastpunkte. 265
Den cavernösen Körper hielt somit Schöbt für den Begriff des Tast¬
haares entbehrlich. Von Bedeutung ist für uns ferner, dass er all¬
mähliche Uebergangsformen von den großen Tasthaaren zu den kleinen
einerseits und von diesen zu der gewöhnlichen Haarform anderseits
beschreibt. In der Polemik, die sich an Schöbl’s Untersuchungen
anschloss1), musste er selbst manche seiner früheren Behauptungen
aufgeben, so dass schließlich für die Haare ohne Sinus ein Nerven¬
ring übrig blieb, der sich unterhalb der Talgdrüsen um das Haar
herumlege und den er als terminalen Tastapparat auffasst.
Dieser Nervenring wurde 1872 von Jobert2) für den Flügel der
Fledermaus und die Schnauzhaare einiger Säuger bestätigt. Derselbe
Forscher suchte 18743) zu zeigen, dass auch die Schwanzhaare der
Batte Tasthaare seien, und erklärte ebenso 18754) die Wimpern der
menschlichen Augenlider für wirkliche Tasthaare, indem er auch hier
die nervöse Einrichtung wiederfand, die er bei den Tasthaaren ohne
Blutsinus im Gesicht der Säugethiere, sowie in den Schwanzhaaren
der Ratte angetroffen hatte. In der gleichen Arbeit gibt Jobert
an, dass auch in der Haut der Backenknochen, der Ober- und Unter¬
lippe und des Banns beim Menschen Tasthaare gefunden würden.
Er sah auch in diesem Falle die Nerven immer unterhalb der Talg¬
drüsen eindringen, fügt aber hinzu, dass ebensowenig wie bei den
Säugethieren alle Haare dieser Region Tasthaare seien.
Während in den bisher erwähnten Arbeiten nur Theile der Ober¬
flächenhaut untersucht wurden, stellt die 1876 von Arnstein5) der
vm, S. 295 ff. — Ueber die Nervenendigung an den Tasthaaren der Säuge¬
thiere u. s. w. Arch. f. mikr. Anat., IX, S. 197.
• 1) L. Stieda, Die angeblichen Terminalkörperchen an den Haaren einiger
Säugethiere. Arch. f. mikr. Anat., VIII, S. 274. — Zur Kritik der Untersuchungen
Schöbl’s über die Haare. Ebenda IX, S. 795. — J. Schöbl, Nochmals über die
angebl. Terminalkörper u. s. w. Ebenda VIH, S. 654.
2) M. Jobert, Etudes d'anat. compar. sur les organes de toucher chez divers
Mammifères. Anat. des sciences nat., II. sér., Zool. XVI, citirt nach E. Bonnet,
Studien über die Innervation der Haarbälge der Hausthiere. Morpholog. Jahrb.
IV, S. 334.
3) M. Jobert, Eecherches sur les organes tactiles des Rongeurs et des In¬
sectivores. Comptes rendus etc., LXXVIII, p. 1058.
4) M. Jobert, Recherches sur les organes tactiles de l'homme. Comptes
rendus etc., LXXX, p. 274.
__ U Arnstein, Die Nerven der behaarten Haut. Wiener' Sitzungsber.
LXXIV. 3, S. 203 ff. , „ *