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Friedrich Kiesow.
Weitere Mittheilungen seien dem erwähnten Nachtrage Vorbehalten.
Soweit die aus diesen Versuchen resultirenden Bestimmungen eine
Schlussfolgerung zulassen, scheint mir die Annahme berechtigt, dass
für die Messung der Empfindlichkeit der einzelnen Hautstellen neben
der Dichte der Punkte die mittlere Schwelle der Tastpunkte und
neben dieser die Häufigkeits- wie die kleinsten und größten Werthe
in Betracht zu ziehen sind. In der vorstehenden Tabelle sind alle
diese Größen für einige Hautflächen nach den an uns beiden an-
gestellten Versuchen übersichtlich zusammengestellt, nur die Schwan¬
kungen der Dichte im Quadratcentimeter habe ich hier unberück¬
sichtigt gelassen.
Vergleicht man diese Werthe untereinander, so ergibt sich, dass
mit einer gewissen Zunahme der mittleren Schwelle der Tastpunkte
(Kniescheibe) auch die Häufigkeitswerthe stetig wachsen und ebenso
sieht man, dass auch die Minimal- und Maximal werthe hierzu in
einem gewissen Verhältnis stehen. Die Grenzen, innerhalb welcher
die einzelnen Schwellenwerthe, wie die mittlere Schwelle der Tast¬
punkte fallen, müssen also nach diesen Versuchen weiter hinausge¬
schoben werden, als dies von v. Frey und mir selber bisher ge¬
schehen ist.
Vergleicht man die mitgetheilten Ergebnisse weiter mit den Re¬
sultaten, zu welchen E. H. Weher1) bei seinen Versuchen über die
Feinheit des Ortssinnes gelangt, so zeigt sich hier im allgemeinen
bereits zum Theil eine merkwürdige Uebereinstimmung. So schreibt
Weher über die Feinheit am Arm: .»Die Haut am Oberarm ist also
im allgemeinen etwas unempfindlicher als die Haut am Unterarme,
und diese ist wieder unempfindlicher als die der Hand. Aber die
Empfindlichkeit vermindert sich von der Hand bis zur Schulter nicht
gleichmäßig, sondern am Handgelenk und Ellenbogengelenk ist sie
etwas größer als an den dazwischen gelegenen Theilen« (vgl. S. 281).
Ebenso fand er auf dem Brustbein und am Rückgrat die höchsten,
auf der Zungenspitze wie ich selbst2) die niedrigsten Werthe. Anderes
aber wage ich hierüber auf Grund des Vorstehenden noch nicht zu
behaupten und behalte weitere Schlussfolgerungen meinen nächsten
Mittheilungen vor.
1) E.H. Weber, Tastsinn u. Gfemeingefähl. Separatabdr. S. 77. Braunscbw. 1851.
2) F. Kiesow, Zur Psychophysiol. d. Mundhöhle. Diese Ztschr. XIV, S. 568 f.