Volltext: Psychologie und Nervenheilkunde (19)

Psychologie und Nervenheilkunde. 
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also, die den Apperceptionsvorgang zu Stande kommen lässt: das 
ganze Blickfeld des Bewusstseins betheiligt sich an der Wahl des 
jeweiligen Blickpunktes. Der Verzicht auf diese Betheiligung stellt 
die passive Apperception dar, in der die jeweils durch ihre Stärke 
oder ihre associativen Bedingungen am meisten sich vordrängenden 
Erscheinungen auch widerstandslos die größte Deutlichkeit gewinnen ; 
die active Apperception ist demgegenüber jener aus der ganzen Ent¬ 
wicklung unserer Psyche resultirende Zustand, in welchem unter 
einem mehr oder minder lebhaften Gefühl der Thätigkeit bestimmten 
psychischen Inhalten gegenüber anderen, nach Stärke und Verknüpfung 
vielleicht günstiger gestellten, dennoch die größere Deutlichkeit ver¬ 
liehen wird. Dabei finden nicht selten Veränderungen der Em¬ 
pfindungsstärke statt: von mir selber kann ich mittheilen, dass schwache 
Geruchsempfindungen, sowie ich ihnen meine Aufmerksamkeit zu¬ 
wende, für mich nahezu erlöschen, und viele Menschen vermögen 
einen Schmerz nur dadurch sich erträglich zu machen, dass sie mit 
allerhöchster Anspannung ihr Bewusstsein auf ihn concentriren. 
Anderseits erwähnten wir schon, dass stark affectiv wirkende Vor¬ 
stellungen selbst intensive Empfindungen zum Erlöschen bringen 
können: man denke nur an das auch von Moebius erwähnte Ver¬ 
schwinden des Zahnwehs kurz vor dem Ansetzen der Extractionszange. 
Wir haben also die Wahl zwischen zwei Factoren, wenn wir uns die 
Hypästhesie der Hysterischen begreiflich machen wollen. Einmal 
könnte jene Eigenart der stark gespannten Aufmerksamkeit, die von 
ihr ins Auge gefassten Empfindungen zu schwächen, bei der hyste¬ 
rischen Entartung krankhaft gesteigert sein. Anderseits könnten 
aber auch inhaltsverschiedene psychische Erlebnisse für längere Zeit 
einer bestimmten Gruppe von sensiblen Erregungen den Weg zur 
Apperception versperren. 
Die Beobachtungen über die Entstehung der hysterischen Sensi¬ 
bilitätsstörungen legen mir die Vermuthung nahe, dass beide Mög¬ 
lichkeiten in Betracht gezogen werden müssen, beide im Leben auch 
derselben hysterischen Person miteinander wechseln. Wir sehen 
Anästhesien eintreten nach Erlebnissen aufregender Natur; hierher 
zählen auch die centripetalen Störungen im Bilde der Unfallsneurose. 
Wenn nach einem Brandunglück einer der Betroffenen eine Anästhesie 
des rechten Armes hat, so steht diese Erkrankung inhaltlich mit dem
	        
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