Psychologie und Nervenheilkunde.
Von
Willy Hellpach.
Heidelberg.
Die Abgrenzung der Nervenheilkunde innerhalb der gesammten
Pathologie ist wesentlich durch historische Momente bedingt worden.
Konnte sie doch um so weniger als eine natürliche erscheinen, je
mehr die Erkenntniss von der Allgegenwart nervöser Einflüsse im
Organismus sich Bahn brach. Dem Siege der chemischen Anschau¬
ungen in der Physiologie vermochte auch die neurologische Forschung
sich nicht zu entziehen; die Grenzmauer zwischen animalen und vege¬
tativen Verrichtungen verlor ihre Geltung, und in den Theorien
Hering’s bewegte alles organische Geschehen, und nicht zuletzt das
nervöse, sich im Wechselspiel der dissimilativen und assimilativen
Vorgänge. An sich war damit das Räthsel der animalen Thätigkeit
seiner Lösung keinen Schritt näher gebracht, und Karl Vogt’s an-
muthiges Gleichniss, dem das Denken nicht schwerer begreiflich war,
als die Hamabsonderung, behielt seine G’rundirrthümlichkeit in un¬
vermindertem Umfange. Aber der Begriff der Function, der ja' leider
bis auf diesen Tag, wo immer er auftaucht, zu materialistischen Platt¬
heiten verdreht werden muss, war für die Beziehungen zwischen dem
nervösen Chemismus und den nervösen Lebensäußerungen durch hun¬
dertfältige Erfahrung nunmehr als anwendbar sichergestellt. Er ist
auch heute und wahrscheinlich auch auf geraume Zeit hinaus die
einzige Formel, die der Pathologe unbedenklich seinen Schlüssen
zu Grunde legen darf. Denn mag nun der Streit um die Art des
Zusammenhanges zwischen materiellen und psychischen Vorgängen
zu Gunsten der Annahme eines echten Parallelismus, einer unmittel-