Volltext: Roger Bacon‘s Stellung in der Geschichte der Philologie (19)

Roger Bacon’s Stellung in der Geschichte der Philologie. 185 
Grammatiker und alle »Weisen der lateinischen Sprache« haben diese 
fremden Sprachen beherrscht, wir, als ihre filii et successores, 
müssen ihnen nachstreben. Bacon geht über diesen öfters von ihm 
erwähnten Grund rasch hinweg, zu 
2. »ob wir wollen oder nicht«, müssen wir diese Sprachen lernen, 
um die Schriften der (lateinischen) Autoren zu verstehen, denn sie 
sind voller Citate aus diesen Sprachen (pleni . . his linguis). Et ideo 
cogimur ad débitant notitiam linguarum, aut erimus asini 
et vacui omni sapientia et doctrina. Es folgen Beispiele zum 
Beweis dafür a) aus dem Hebräischen mit feiner Kritik derjenigen 
Ignoranten des Hebräischen, die sich hinter des Hieronymus Auto¬ 
rität verstecken 'S. 437) *); b) aus dem Griechischen1 2). 
3. Grammatische Kenntniss ist nothwendig, weil auch die Heiligen 
sie hochhielten, aber nicht Alles »erklärten«, da sie annahmen, dass 
ihre Nachkommen ihnen an grammatischer Kenntniss nicht nachstehen 
würden3). , 
4. Sprachkenntniss sei noting, um die Irrthümer der Alten zu 
verbessern. In diesem Abschnitt übt Bacon vorsichtig, aber ent¬ 
schieden Kritik an den Irrthümern der Kirchenväter, die er in den 
an den Papst gerichteten Schriften nur schüchtern einflicht. Mit 
aller Ehrfurcht, und ohne ihnen zu nahe zu treten, und mit aller 
Dankbarkeit müsse doch ausgesprochen werden, dass »Vieles« jetzt 
anders gestaltet werden »könne« (multa tarnen possunt his temporibus 
cum eorum licentia immutari). Denn ihnen passirte auch etwas 
Menschliches, und sie waren auch befangen in der Schwäche des 
menschlichen Geistes, und konnten nicht in Allem zur vollen Wahr¬ 
heit gelangen. Für diesen Satz citirt er die Autorität des Priscian 
und Seneca: »Nichts vollkommenes sei in menschlichen Erfindungen 
zu finden«, »die Wahrheit sei in der Höhe verborgen und in der 
1) B. vermeidet S. 436 auf das Hebräische einzugehen, wie S. 446 auf das 
Chaldäische und Arabische. Ueber B.’s eigene Kenntniss dieser Sprachen vgl. 
Charles S. 123 Note. 
2) Beklagt sich über Unkenntniss der griechischen Zahlzeichen, die Beda 
ekannt waren (ibid. 437) vor John Basingstoke (dessen Namen B. nie erwähnt, 
obwohl er sicher von ihm gehört hatte). Vgl. auch Isidor, Etym. 1, S. 3, 10; 
incent de Beauvais Spec. Doctr. 3, S. 7. 
3) Beispiel aus dem Prol. zu Daniel; Wiederholung seiner Bemerkung über 
u^nzösische Dialecte S. 437.
	        
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