Volltext: Roger Bacon‘s Stellung in der Geschichte der Philologie (19)

Roger Bacon’s Stellung in der Geschichte der Philologie. 181 
manch schweren Zweifel beseitigt und manche Wahrheiten festgestellt: 
veritates per quas omnia *) sciuntur quae sub quaestione et dubitatione 
versantur. Er habe ferner über den spirituellen und literalen Schrift¬ 
sinn gesprochen (nach Augustin?); gezeigt, wie das alte Testament 
ein signum des Neuen sei; wie die Sakramente signa seien; über 
die echte Sprache Adams, wie er die Dinge mit Namen belegt; ob 
Kinder, in der Wüste ausgesetzt, auf natürlichem Wege, an und für 
sich (per se) eine Sprache reden würden, und wie sie einander ihre 
affectus zu erkennen gehen würden, und vieles andere, was er jetzt 
nicht wiederholen könne. Dieser Theil der Grammatik •— und dass 
er zur Grammatik und zu keiner anderen Wissenschaft gehöre, habe 
er, ohne sich auf Augustin zu stützen, bewiesen — sei äußerst nöthig 
für die Theologie und Philosophie und die »gesammte Weisheit« 
(toti sapientiae). 
Dann geht Bacon zum Inhalt des 4. Theiles des Opus Majus 
über und resümirt die daselbst gegebenen einleitenden Gedanken über 
Grammatik und Logik. Was uns auf fällt, ist seine zweite Bezug¬ 
nahme auf die Frage nach dem Ursprünge der Sprache, die er in 
den gedruckten Theilen des Opus Majus nicht berührt. Um Sprachen 
zu kennen, bedarf es der Lehre und des Studium, denn die Sprachen 
fiunt ad voluntatem hominis, et variantur secundum homi- 
num voluntatem (S. 102). Noch werkwürdiger ist der Zusatz, mit 
dem er den Gegenstand rasch übergehen zu wollen scheint: primi 
auctores linguarum eas invenerunt, vel a deo habuerunt, in divisione 
linguarum, cum constructa est Turris Babel post Diluvium. Hier 
erscheint ihm wohl der Geist des heiligen Augustin, oder der Gedanke 
an den Adressaten1 2), für den das Werk hastig hingeschrieben wurde. 
Jedenfalls findet sich zu Anfang des 4. Theiles des Opus Majus 
1) Dies ist ein Beispiel seiner enthusiastischen Ausdrucksweise, welche man 
nicht ohne Erläuterung »Ruhmredigkeit« nennen sollte, wie Reuter, Gesch. d. 
rel. Aufklärung 2, S. 78 wohl nach K. Pis eher thut. Die daselbst angeführten 
Beispiele vom Op. Tert. 58, 59 erklären sich leicht, imd Bacon’s Wette über 
seine Schnelllernmethode (Op. Tert. 63ff.), welche ihm von Bayle, Brucker 
und Cousin so verübelt wurde, wird von Charles sehr einfach vertheidigt 
(R. Bacon S. 124). 
2) Wenn Reuter a. a. 0. S. 78 von »bedenklicher Schmeichelei« gegen den 
Papst redet, so ist dies ein bedenklicher Mangel an Würdigung der Verhältnisse, 
unter denen B. nach einer Gelegenheit rang, später sein System zu entwickeln.
	        
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