Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Ablösung d. Fersen v. Boden. 129
des ganzen Mechanismus vorhanden sind, so besteht doch hinsichtlich
der, ursprünglich von Ed. Weber falsch angegebenen Bedingungen
des Gleichgewichts jetzt im wesentlichen Uebereinstimmung. Bei
der Discussion des statischen Problems sind nun auch von verschie¬
denen Seiten kinetische Fragen gestreift worden, ohne dass über die¬
selben bis jetzt vollkommene Einigung erzielt wäre.
Es soll daher im Folgenden das Zustandekommen der Ablösungs¬
bewegung klargelegt und insbesondere untersucht werden, unter wel¬
chen Bedingungen ein, wenn auch noch so minimales Ablösen der
Fersen vom Boden überhaupt eintreten kann.
So einfach vom Standpunkte der Mechanik aus das Gleichgewichts¬
problem des Stehens mit erhobenen Fersen erscheint, so lässt sich
von vornherein nicht verkennen, dass man es bei der Untersuchung
des Ablösungsvorganges mit complicirteren Verhältnissen zu thun hat.
Während in jenem Falle die Massen der beiden Abschnitte des
Körpers nur insofern eine Bolle spielen, als sie die Lage der Schwer¬
punkte und die in ihnen angreifenden Gewichtskräfte bestimmen,
kommt für die Bewegung auch die Vertheilung der Masse innerhalb
der beiden Abschnitte in Frage, soweit dieselbe in der Größe der
Trägheitsmomente ihren Ausdruck findet. Außerdem ist dabei vor
allen Dingen der Einfluss in Bücksicht zu ziehen, welchen die einem
Körpertheil ertheilte Beschleunigung auf den anderen ausübt. Es
wird sich auch zeigen, dass die Kenntniss des Hebelgesetzes, etwa
verbunden mit einem gewissen Gefühl für mechanische Wahrheiten,
nicht ausreicht, um das kinetische Problem in allen Theilen exact zu
lösen. Die Verhältnisse sind jedoch immer noch einfach genug, dass die
Lösung sich in elementarer und anschaulicher Weise darstellen lässt.
Es mögen nun zunächst diejenigen Sätze der Mechanik kurz an¬
geführt werden, deren Kenntniss zum Verständniss der folgenden
Auseinandersetzungen erforderlich ist.
Wenn ein starrer Körper sich nur um eine im Baume feststehende
Axe drehen kann, so wird jede Kraft, deren Bichtung nicht gerade
durch die Axe hindurchgeht oder derselben parallel läuft, wenn sie
allein wirkt, den Körper in Drehung versetzen. Für die Größe dieser
Drehung kommt nur dann die ganze Kraft in Betracht, wenn sie zu
der Axe senkrecht gerichtet oder, mit anderen Worten, einer Ebene
parallel ist, welche auf der Drehungsaxe senkrecht steht. Ist das
Wundt, Philos. Studien. XIX. 9