Volltext: Die sprachwissenschaftliche Definition der Begriffe “Satz“ und “Syntax“ (19)

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Ottmar Dittrich. 
auch syntaktische Folgen nach sich zögen: der Comparativ und Super¬ 
lativ fordern Casusformen, Vergleichungspartikeln, präpositionale 
Wendungen (was Ries S. 101 selbst bemerkt), Genus- und Numerus¬ 
formen haben Congruenzen zur Folge, wie auch die Tempusformen 
eine consecutio temporum bedingen können, wenn schon überhaupt 
solches Nachsichziehen von Veränderungen der übrigen Satztheile eine 
conditio sine qua non für den syntaktischen Charakter einer Wortform 
sein soll, was ich ebenfalls nicht anzuerkennen vermag: mir scheint 
sie syntaktisch zu sein, sobald sie nur überhaupt da ist, denn sie 
geht dann mit ihrer Bedeutung als Theil in die Satzbedeutung ein; 
eine ganz andere Frage ist es natürlich, ob sie in andern Hinsichten 
(z. B. was die Lautform oder Bedeutungsform ihrer Umgebung betrifft) 
noch weitere Wirkungen ausübt. Auch in der Ausschließung des 
Locativs, sei es auch nur für Fälle wie Eomae natus est, wo »man 
nicht wird bestreiten können, dass [darin] die Casusform Eomae nicht 
syntaktischer ist als in Africa, ibi oder hodie« (Ries S. 98), wird man 
Ries wohl nicht beistimmen können, denn es hieße dies nichts weniger 
als alle »Umstände des Orts und der Zeit« aus der Syntax streichen; 
ich halte es für viel richtiger, den Begriff des Adverbials zu erweitern 
und ihm die Corradicalveränderungen, welche das Verbum zum Tempus¬ 
ausdruck besitzt, zu subsumiren, wofür man sogar historische Gründe 
in der bekannten Entstehung der griechischen Augmenttempora (das 
Augment war idg. *e, ein Temporaladverb) finden kann. Irgendwelche 
die Steigerungsformen). Die irrige Ansicht, die ohne weiteres allen Flexions¬ 
formen und allen ihren Bedeutungen ein syntaktisches Interesse zuschreibt, eine 
Ansicht, die heute noch die unbedingt herrschende ist, hat zu einer Verschleierung 
und Verwischung der wesentlichen Verschiedenartigkeit der Flexionsbedeutungen 
geführt, die meist imbeachtet bleibt und oft völlig verkannt wird. Da man ge¬ 
wohnt ist, alle Flexionen und alle ihre Bedeutungen in den einen syntaktischen 
Topf zu werfen — man kann in der That die landläufige Syntax als ein gram¬ 
matisches Potpourri bezeichnen — hat man die Unterscheidung der syntaktischen 
Bedeutung der Flexionsformen von ihrer realen, materiellen, lexicalischen, 
oder wie man sie nennen will, fast ganz vernachlässigt.« Ich kann, wie oben 
weiter ausgeführt ist, diese Unterscheidung nicht für so »wichtig und fruchtbar« 
halten wie Ries a. a. 0., und finde auch, dass es nicht »die privatesten Angelegen¬ 
heiten der Einzelworte erörtern« heißt, wenn in einer Syntax dargelegt wird, 
»welche Worte keinen Plural bilden, zu welchen Pluralformen kein Singular vor¬ 
kommt, wie sich mit gewissen Singularformen plurale, mit einzelnen Pluralformen 
singulare Bedeutung verbindet u. s. w.« (Ries, S. 99), falls sich diese Erörterung 
nur auf die typischen Fälle solcher Art beschränkt.
	        
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