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Jonas Cohn.
dem entrinnen, so genügte es nicht mehr, sich von der Sinneserkenntniss
abzuwenden und eine wahre Quelle der Weisheit in sich zu fühlen
und andeutend zu preisen, vielmehr musste man sich deutlich machen,
wo die letzte unbestreitbare Quelle aller Gewissheit liegt. So er-
^ hoben erst Sokrates und Plato den Rationalismus zum vollen Be¬
wusstsein. Die Grundsätze des Denkens garantiren sich selbst, sie
sind unbestreitbar, sie sind anderseits nichts von außen dem Geiste
Aufgedrungenes, sondern das wahre Wesen des Geistes selbst, der
in ihnen seine Macht und seinen Stolz hat. Dieses Gefühl der Würde
fdes Denkens ist das Pathos des Rationalismus, das aus Plato’s
Dialogen uns ergreifend entgegentönt. Wie seine Vorstufen, so ist
auch dieser vollbewusste Rationalismus realistisch, d. h. er sieht im
Erkennen die Abbildung einer außerhalb des Erkennens vorhandenen
Wirklichkeit. Der Grundsatz des Rationalismus, dass das reine Denken
wahre Erkenntniss gibt, formt sich hier also dahin um, dass das
klar Erkannte wirklich ist. Diese Form bezeichnet man als Grund¬
satz des Ontologismus. Mehr oder minder bewusster Ontologismus
ist aller Rationalismus von Plato bis zu Leibniz. Sehr verschieden
f stellen sich diese Systeme zum metaphysischen Intellectualismus.
'Plato hängt diesem nicht eigentlich an, aber eine Tendenz dahin
liegt in seinem System und wird nur von entgegenstehenden Denk¬
motiven an voller Durchsetzung verhindert. Da es sich hier nicht
um eine historische Untersuchung handelt, sondern die Geschichte
nur der auf die Hauptformen gerichteten phänomenologischen Unter¬
suchung dient, so müssen die von diesem Gesichtspunkte aus unter¬
geordneten Verschiedenheiten der Systeme außer Betracht bleiben.
Bedeutsam dagegen ist auch für uns eine Vergleichung des antiken
Ontologismus mit dem modernen, der von Descartes ausgeht. Auch
dieser neuere Rationalismus kommt zum Selbstbewusstsein durch die
Ueberwindung des Zweifels. Aber dieser Zweifel steht dem Philosophen
nicht als äußerer Gegner, als sophistischer Mitunterredner gegenüber,
er sitzt in ihm selbst und quält ihn als Bewusstsein der Ungewissheit.
Descartes kann diesen Feind nur überwinden, indem er ihm ein¬
mal Macht über alles gibt, was er anzugreifen vermag, und so in
dienste um die Erkenntnistheorie nicht, sie ist platonisirend und daher ein¬
seitig — aber auf den Rationalismus hat eben gerade diese einseitige Auffassung
der Sophistik gewirkt.