Hume’s Lehre vom Wissen.
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théorie und Lehre vom Wissen deutlich ausgeprägt, bei Locke ist
er mehr innerlich vorausgesetzt als äußerlich ausgesprochen.
Zunächst müssen wir die vorhin angedeutete Wissensdefinition
noch präcisiren. Unter Wissen versteht Locke also die Wahrneh¬
mung der Verknüpfung und der Uebereinstimmung oder der Nicht¬
übereinstimmung und des Widerspruches zwischen irgend welchen
unserer Ideen1). Wie aber soll Uebereinstimmung und Nichtüber¬
einstimmung festgestellt werden ohne Vergleichung der betreffenden
Ideen? Wird das aber zugegeben — und Locke betont es sogar2)
— so besteht das Wissen, soweit Uebereinstimmung in Frage kommt,
in Relationen : denn die Vergleichung zweier Ideen wird ausdrück¬
lich als das für die Relationen Wesentliche hingestellt3). Es fragt
sich also: darf Relationshewusstsein und Wissen (im Sinne Locke’s)
gleichgesetzt werden? Eins scheint dementgegen zu stehen: In der
gegebenen Definition handelt es sich außer der Uebereinstimmung
und Nichtübereinstimmung noch um Verknüpfung und Widerspruch.
Doch das ist nicht von Belang: im Folgenden wird nirgends auf
diese Sonderhestimmungen Rücksicht genommen; hervorgehohen wird
einzig und allein die Uebereinstimmung und Nichtübereinstimmung,
wie ja auch bereits in der Randnote zu dem betreffenden Paragraphen
die Erkenntniss auf Perception von Uebereinstimmung und Nicht¬
übereinstimmung beschränkt isjt. Dieser Doppelbegriff tritt denn auch
immer deutlicher als der leitende Gesichtspunkt in der ganzen Lehre
vom Wissen hervor. Dies geht soweit, dass sogar die »Verknüpfung«
der Uebereinstimmung suhordinirt wird — und zwar bereits im
nächstfolgenden Paragraphen. Dort wird nämlich die Uebereinstim¬
mung, aus der alles Wissen besteht, in folgende vier Gruppen
zerlegt:
I. Identität oder Verschiedenheit (Identy or diversity).
II. Relation (Relation).
III. Ooexistenz oder nothwendige Verknüpfung (Coexistence or
necessary connexion).
IV. Reales Dasein (Real existence).
1) An essay concerning human understanding B. IV, ch. 1, §2: knowledge
then seems to me to be nothing but the perception of the connexion and agree¬
ment, or disagreement and repugnancy, of any of our ideas.
2) Ibid. IV, ch. 7, § 2 und ch. 3, § 3. 3) Ibid. II, ch. 12, § 7.