Volltext: Hume's Lehre vom Wissen (17)

Hume’s Lehre vom Wissen. 
629 
Axiom1), eine wahre Vorstellung müsse mit dem-, was sie vorstellt, 
übereinstimmen; denn hier wird vorausgesetzt, dass eine solche Ueber- 
einstimmung unter allen Umständen möglich ist, was natürlich nicht 
ohne weiteres beweisbar ist. 
Erst Locke’s Princip ist — mag es auch nicht ganz consequent 
durchgeführt sein2) — durchaus klar und voraussetzungslos : Wissen 
ist Uebereinstimmung (bezw. Nichtübereinstimmung) des in der Einzel¬ 
erfahrung Gegebenen, oder, wie Locke selbst sagt, unserer Ideen; 
denn was Locke Ideen nennt, fällt im wesentlichen mit dem in der 
Einzelerfahrung Gegebenen zusammen. Dieses Princip, das sich so 
leicht mit dem Princip der widerspruchslosen Verknüpfung in der 
modernen Erkenntnisstheorie in Parallele bringen lässt, kennzeichnet 
zugleich auch die Berührungspunkte Locke’s mit der modernen 
Forschung, und es liegt daher nahe, an dieser Stelle eine Zwischen¬ 
frage einzuschieben: Wodurch hat Locke diesen seinen Fortschritt 
erreicht? Durch seine psychologische Forschungsmethode? Gewiss, 
und doch ist der damit bezeichnete Gegensatz zu seinen Vorgängern 
kein so principieller, als es auf den ersten Anblick scheinen möchte. 
In letzter Instanz muss ja jede Begriffsbestimmung ein in gewissem 
Sinne psychologisches Verfahren involviren, denn immer wird sie 
darauf hinauslaufen, einen Begriff von anderen abzugrenzen, ihn auf 
andere Begriffe oder sonstige psychische Gebilde zurückzuführen, 
seine Abhängigkeit von ihnen darzulegen — und dabei handelt es sich 
stets um Bewusstseinsthatsachen; denn als solche werden wohl die 
Begriffe unter allen Umständen gelten müssen. Besonders augenfällig 
ist dies vollends, wenn — wie in unserem Falle — diese Begriffe 
sich außerdem noch auf Gegenstände der psychischen Welt beziehen. 
Nun erhebt sich allerdings die Frage: wann ist eine derartige Be- 
griffsanalyse als beendet anzusehen? Die Antwort ist beinahe selbst¬ 
verständlich: offenbar dann, wenn die vorliegenden complexen That- 
sachen auf die relativ einfachsten zurückgeführt sind. Nur über 
den genaueren Sinn dessen, was als einfach zu gelten hat, lässt sich 
streiten: und hier muss eine naheliegende Verwechslung vermieden 
1) Spin. Ethic., P. I. Ax. VI. 
2) Ueber die Bedeutung von agreement und disagreement vergleiche die Fu߬ 
note auf S. 174 des 2. Bandes der Th. Schultze’schen Uebersetzung von Locke’s 
Essay. (Leipzig. Ph. Reclam.) 
41*
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.