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Paul Linke.
später zur Lehre , von den »fundirten Inhalten« (von v. Ehrenfels
als Gestaltsqualitäten formulirt) geführt haben und die er mit seiner
Abhandlung über »Gegenstände höherer Ordnung« zu einem vor¬
läufigen Abschluss gebracht hat. Für uns kommt in erster Linie
der schon einmal erwähnte zweite Theil der Hume Studien in Frage,
der es unternimmt, in directem Anschluss an Hume die gesammte
Relationslehre neu zu begründen und mit den Ergebnissen der
neueren psychologischen Forschung in Einklang zu bringen. Wir
werden auf diese Arbeit noch wiederholt zurückkommen — selbst
wenn sie uns hier und da über Hume hinausführen sollte: nach
dem Obigen wird es ja verzeihlich sein, wenn in einer Arbeit über
Hume dieser selbst nicht immer im Vordergründe des Interesses steht.
II. Locke’s Lehre vom Wissen als Ausgangspunkt.
Am zweckmäßigsten beginnen wir mit einem Referat dessen, worin
John Locke — Berkeley kommt für das Relationsproblem nicht
in Betracht — seinem großen Nachfolger vorgearbeitet hat.
Wenn wir nun von der oben angegebenen Frage ausgehen, so kann
man wohl behaupten, es finden sich bei Locke eher Ansätze zu
ihrer Beantwortung als eine bewusste Einsicht in das Problem selbst,
und vielleicht wird man eine solche überhaupt erst der Kant’sehen
Philosophie zuschreiben wollen. Dem gegenüber mag doch auf einen
Punkt hingewiesen werden, in dem sich der durch die classische Er-
kenntnisstheorie erreichte Fortschritt recht wohl mit den Leistungen
der kritischen Philosophie messen kann : gemeint ist die Klarstellung
des Verhältnisses von allgemeinem Wissen zu dem in der Einzel¬
erfahrung Gegebenen, schließlich überhaupt die gründliche Erfassung
und Formulirung dessen, was unter Wissen, unter Wahrheit ver¬
standen werden muss. Denn in diesem Punkte sind die Unklarheiten
der vorhergehenden philosophischen Epoche sichtbar genug. So liegt
ja in Descartes’ bekanntem Wahrheitskriterium (verum est, quod
clare et distincte intellegitur) so lange ein Cirkel, bis eine solche
Erklärung des »intellegere« gegeben ist, die nicht wieder — offen
oder versteckt — das »verum« in sich schließt. Demgegenüber
enthält Spinoza’s Wahrheitsdefinition keine Tautologie, wohl aber
ein metaphysisches Vorurtheil: ein solches liegt offenbar in dein