Hume’s Lehre vom Wissen.
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Prädicat, das in dem Urtheile aus dem Subjecte herausgezogen wurde,
war ja vorher schon nothwendig in eben diesem Subjecte enthalten;
durch die Thatsache also, dass solche Urtheile bestehen, wird die
nothwendige Verknüpfung, d. h. also die Abhängigkeit des Prädi-
cates vom Subjecte nicht erklärt oder sonst irgend wie näher bestimmt,
sie bildet die Voraussetzung solcher Urtheile, kann also nicht als
deren Folge angesehen werden. Hume kam es dagegen in seinen
erkenntnisstheoretischèn Arbeiten ganz vorwiegend gerade auf die
Erklärung der nothwendigen Verknüpfung an. In den Geschehnissen
der äußeren Natur findet er sie nur als scheinbare, als subjective
Fiction, beruhend auf gewissen psychologischen Thatsachen, unter
denen die Associationen in erster Linie in Frage kommen — es geht
uns hier nichts an, in wie weit das fehlerhaft war, in wie weit auch
hier nicht bloß psychologische, sondern logische Thatsachen in Frage
kommen, jedenfalls ist hier der Versuch gemacht zu einer wirklichen
Erklärung desjenigen, was wir unter nothwendiger Verknüpfung ver¬
stehen, und es ist besonders bemerkenswerth, dass Hume keineswegs
jede nothwendige Verknüpfung zu einer bloßen Fiction macht: Sie
wird von ihm ausdrücklich anerkannt, soweit sie nicht von Gescheh¬
nissen der äußeren Natur ausgesagt wird, und auch dieses Anerkennen
ist ein Anerkennen aus Gründen. Hume glaubt durch den Nach¬
weis solcher Beziehungen, die durch die Ideen selber bestimmt werden,
die also, soweit nur immer dieselben Ideen gegeben sind, gleichfalls
mitgegeben sind, die Thatsache der eigentlichen (nicht bloß fictiven)
Nothwendigkeit aufgedeckt zu haben, er hoffte sie damit, wenn nicht er¬
klärt, so doch in neuer und eigenartiger Weise gekennzeichnet zu haben.
Dabei ist von einem Mitgedachtwerden oder Mitgedachtwerdenmüssen
der Belation in den gegebenen Ideen gar keine Bede. Bemerkens¬
werth ist ferner, dass beide Arten von Nothwendigkeit, die eigentliche,
logische sowohl wie die fictive, ausdrücklich als subjective Erschei¬
nungen bezeichnet werden1): Nothwendigkeit ist immer etwas, das
im Geiste besteht, nicht in den Gegenständen. Darin liegt ein außer¬
ordentlicher Fortschritt gegen Locke, der ja —wie bereits erwähnt —
selbst bei den Thatsachen der Geometrie von einer in den Erscheinungen
liegenden Kraft spricht, die ihre nothwendige Verknüpfung ausmacht.
1) H., Treat. Y. I. P. IH, sect. 14.