Volltext: Zur Psychophysik des Geschmackssinnes (17)

622 
D. P. Hänig. 
Salzig vermitteln; und dass diese Fasern sich in der Zungenspitze 
und in den vorderen zwei Dritteln des Seitenrandes der Zunge ver¬ 
theilen. « Wenn also die anatomische Forschung unterstützt durch 
klinische Erfahrungen1) das Verbreitungsgebiet der bezeichneten Nerven 
richtig umgrenzt hat; dann zeugen die vorliegenden Reizschwellen¬ 
ermittlungen entschieden zu Gunsten der Ansicht, welche dem N. 
lingualis — ganz im Sinne der Krause’sehen Angaben — hervor¬ 
ragenden Antheil an dem Zustandekommen der Geschmacksempfin¬ 
dungen sichert. So gern man vielleicht aus theoretischen Erwägungen 
heraus für den Geschmackssinn wie für die übrigen Specialsinne eine 
einzige centripetale Nervenleitung ausfindig gemacht und darum an 
dem N. glossopharyngeus als dem ausschließlichen Geschmacksnerv 
festgehalten hätte, so muss man doch die Hoffnung auf Bestätigung 
eines Ergebnisses, welches Analogieschlüsse vorwegnahmen, in An¬ 
betracht solcher Erfahrungsthatsachen füglich aufgeben. 
Wird somit durch naturwissenschaftliche Betrachtungen im all¬ 
gemeinen die im psychologischen Laboratorium gewonnene Anschau¬ 
ung über die räumliche Ausbreitung der Zungenschmeckfläche bestärkt, 
so möchte ich noch referirend auf eine anatomische Untersuchung 
hinweisen, die eventuell auch die gesteigerte Perceptionsfähigkeit ein¬ 
zelner Regionen innerhalb des Geschmacksgürtels zugleich mit erklären 
könnte. Zander2) und auch Rautenberg3) haben in der Zungen¬ 
schleimhaut doppelt innervirte Bezirke nachgewiesen. Zu den schon 
vor ihnen erkannten Anastomosen der Endverästelungen des linken 
und rechten N. glossopharyngeus und des N. lingualis und N. glosso¬ 
pharyngeus derselben Seite beschreiben die genannten Autoren auch 
Anastomosen zwischen den Endverzweigungen des linken und rechten 
N. lingualis namentlich in der Zungenspitze. Man könnte ohne 
weiteres geneigt sein, die verfeinerte Sensibilität der Zungenspitze, 
des mittleren Randdrittels und der Basis mit diesem anatomischen 
Befunde in Zusammenhang zu bringen, wenn nicht zugleich der ganze 
Medialstreifen der Zungenoberfläche mit zu den doppelt innervirten 
Bezirken gehörte, wo erwiesenermaßen gar keine Geschmacksempfin¬ 
dungen ausgelöst werden. Zander fügt zwar hinzu, dass das Mittel¬ 
gebiet des Zungenrückens etwa 1 cm von der Spitze ab bis 3 cm vor 
1) L. v. Frankl-Hochwart, Ueber die Innervation des Geschmacks. Cen¬ 
tralblatt f. Physiologie, X, S. 60. 2) a. a. 0. 3) a. a. 0.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.