Zur Psychophysik des Geschmackssinnes.
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unwillkürlich so in der Mundcavität hin- und herzubewegen strebte,
dass er von jedem der Geschmackspunkte gleichsam deutlich fixirt
werden konnte. In diesem motorischen Momente klingt gewisser¬
maßen auch im Gebiete des Geschmackssinnes das Gesetz von der
Correspondenz zwischen Fixation und Apperception an, freilich nicht
in dem einheitlichen Sinne wie beim Sehen, sondern in aufgetheilter
Energie für die anerkannten specifischen Qualitäten mit Ausnahme
des Salzigen.
Nach dem Functionshefunde postuliren wir für die Zunge als
Geschmacksorgan folgende Merkmale:
1. Die specifischen Endapparate des Ge¬
schmackssinnes beschränken sich beim Er¬
wachsenen auf den Zungenrand.
2. Ihre Dichtigkeit ist an der Peripherie
der Schmeckfläche am größten.
3. Nach ihrer functionellen Differenzi-
rung vertheilen sich die peripheren physio¬
logischen Substrate so auf der Zungenober¬
fläche, dass die süßempfindenden Elemente
besonders gehäuft an der Zungenspitze, die
sauerpercipirenden an der Mitte der Rän¬
der und die für Bitter adaptirten im Bezirke
der Pap. vall. auftreten.
Einen anschaulichen Ausdruck der im
Vorstehenden postulirten Merkmale für un¬
ser Geschmacksorgan enthält das Zungen- 7-
bild in Fig. 7. Da sind die symbolischen
Zeichen für alle vier Qualitäten nach Maßgabe der örtlichen Ge¬
schmackstüchtigkeit eingetragen worden. Wenn zur Form der Sym¬
bole noch die Farbe als Unterscheidungsmittel hinzuträte, dann würde
die Darstellung an Anschauungswerth noch gewinnen. Es bedarf
übrigens wohl kaum der Bemerkung, dass die topographische Wieder¬
gabe wie die Ourvenconstruction (Fig. 5) lediglich didaktische Be¬
deutung haben soll. Wie schwierig ist es doch, die Intensitätswerthe
der qualitativ verschiedenen Geschmacksempfindungen auf einander zu
beziehen und nach dem subjectiven Eindrücke mit Sicherheit urtheilen
zu wollen, dass die Süßempfindung, die etwa von 0,335 ^iger Lösung