Zur Psychophysik des Geschmackssinnes.
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von einander ab; schließlich lässt sich aber doch für die vor¬
liegenden Zwecke diese individuelle Mannigfaltigkeit auf zwei Grund-
typen reduciren, nämlich auf eine kurze breite, und länglich schmale
Form. Zwei Schemata genügten somit vollauf als Protocollunter-
lagen.
Die Versuche begannen an der Zungenspitze; war nun in der
Application der minimal abgestuften Schmecksubstanzen derjenige
Concentrationsgrad erreicht, welcher eine ebenmerkliche Empfindung
auslöst, so wurde der homologe Punkt in dem Protocollschema mit
der Procentzahl der Reizflüssigkeit versehen. Diese Zahl ist zugleich
das directe Maß für die Schmeckfähigkeit
des berührten Zungentheils innerhalb der
erzeugten Qualität. Die subjective Empfind¬
lichkeit steht nun zur Stärke des objectiven
Reizmittels in einem reciproken Verhält¬
nisse. Je kräftiger die Geschmacksflüssig¬
keit sein muss, welche an der zu afficiren-
den Stelle des Organs eine unzweideutige
Empfindung auslöst, um so schwächer ist
die Perceptionsfähigkeit der gereizten Stelle.
Somit sind die auf. dem angegebenen
Wege ermittelten und in den beigefügten
Tabellen gesammelten Zahlen die absolu¬
ten Schwellenwerthe für die untersuchten
Punkte. Außer der Spitze gewähren die
Stellen am hinteren Zungenrande des so
variablen Organs einen sicheren Anhalt,
welche rechts und links in der Verlänge¬
rung der linear angeordneten Pap. vall. liegen (Fig. 1, F und K). Drei
unverschiebbare Punkte boten sich somit für die experimentelle Ein¬
wirkung dar, bei deren Markirung im Protocollschema sich Schwan¬
kungen mit Sicherheit vermeiden ließen. Diesen dreien reihen sich
als eben so gewiss zu treffende Reizstellen die Mitte der beider¬
seitigen Zungenränder an. Was nun die Sensibilitätsermittlung an
der Verbindungsstrecke der hervorgehobenen Punkte betrifft, so über¬
zeugte mich die Erfahrung gar bald, dass es vollauf genügte, wenn
immer je zwei gleichweit von einander entfernte Stellen darin geprüft
Fig. 1.