Volltext: Zur Psychophysik des Geschmackssinnes (17)

Zur Psychophysik des Geschmackssinnes. 
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erinnert, mit welcher Sorgfalt z. B. Kiesow den Spuren des Con¬ 
trastes und Complementarismus der Geschmacksempfindungen nach¬ 
gegangen ist, um diese Frage nach ihrer physiologischen wie psycho¬ 
logischen Seite in entsprechender Weise wie hei den Farbeneindrücken 
zu beantworten. In methodischer Beziehung wird der Experimentator 
durch eine solche Vergleichung seiner Specialaufgahe mit der Psycho¬ 
logie des Gesichtssinnes manche dankenswerthe Förderung erfahren 
und sich zu gesteigerter Genauigkeit und Sorgfalt anspomen lassen. 
Freilich erwecken auch solche Vorerwägungen hochgespannte Er¬ 
wartungen, die in Wirklichkeit für dieses Sinnesgebiet gar nicht er¬ 
reichbar sind. Als es galt, die Intensitätsuntersuchung der Ge¬ 
schmacksempfindung in ihrer localen Bedingtheit am percipirenden 
Organe in Angriff zu nehmen, wurde der Arbeitsplan durch die ex¬ 
perimentelle Untersuchung über die Farbentüchtigkeit der Netzhaut 
beeinflusst. Die Ergebnisse der Beobachtungen über die letztere 
haben bei Kirschmann1) und Hellpach2) einen treffenden graphi¬ 
schen Ausdruck in den Netzhaut-Isochromen gefunden. 
Es schien ein verlockendes Unternehmen zu sein, die Kenntniss über 
die Geschmackstüchtigkeit der Zunge in qualitativer wie intensiver Be¬ 
ziehung in gleicher Weise sicher zu stellen. Wenn man alle Geschmacks¬ 
punkte gleicher Sensibilität für jede Geschmacksart ermittelte und diese 
unter einander verbände, so müsste ein System von Linien entstehen, 
welches Zonen gleicher Empfindlichkeit abgrenzte, und diese Curven 
könnten als Isochymen (von %v(i6s, Geschmack) den anschaulichen 
Ausdruck einer ähnlichen Thatsache bilden wie die Isochromen für die 
Netzhaut. Eine solche punktuelle Untersuchung des Geschmacksorganes 
schien vielleicht deswegen nicht ein durchaus abenteuerliches Streben 
zu sein, weil ja Oehrwall3) und nach ihm Kiesow4) eine große 
Zahl von Geschmackspapillen in Rücksicht auf das Gesetz der specifi- 
schen Energie der Sinne isolirt durchgeprüft haben. Solche Detail¬ 
untersuchungen brauchten ja nur mit Bezugnahme auf die Reiz¬ 
schwellen am Geschmacksorgane räumlich allseitig fortgeführt zu 
1) Kirsch mann, Philos. Studien, VUE, S. 592 ff. 
2) Hellpach, Philos. Studien, XV, S. 524 ff. 
3) 0 ehr wall, Untersuchungen über den Geschmackssinn. Skand. Archiv f. 
Physiol., II, S. 1 ff. 
4' Kiesow, Schmeckversuche an einzelnen Papillen. Phil. Stud. XIV, S. 591. ff.
	        
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