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D. P. Hänig.
Hr. Berg. : Salzig schmeckt vor, aber es ist noch etwas dabei. Salzig, vielleicht
auch süß dabei und seifig. Es kann eine Mischung sein von salzi
und süß. Brennend und stechend seifig süßlich.
Hr. W.: Vorwiegend salzig, vielleicht auch etwas süßlich und brennend
Beim Ausspülen des Mundes bestimmt süß. Es ist kein reines Salz
ja, wie soll ich mich ausdrücken.
In diesen Proben sind alle Varianten aus meinen Versuchs-
protocollen vertreten.
Eingedenk der Kiesow’schen1) Alternative: »Entweder ist das
Alkalische keine besondere Geschmacksempfindung neben den übrigen
vieren, dann aber müssen diese Eindrücke alle oder zum Theil in ihm
enthalten sein, oder dies ist nicht der Pall, dann aber ist das Laugen¬
hafte unabweisbar eine fünfte Qualität«, habe ich durch Mischung
bezüglicher Grundqualitäten eine gleiche oder wenigstens gleichartige
Empfindung zu erwecken gesucht. Da nun bei den meisten Reagenten
Salzig und Süß als Partialempfindungen in dem Totaleindrucke des
Alkalischen am häufigsten wiederkehrten, habe ich in Anpassung an
die individuellen Schwellenwerthe eine Mischung aus salzigen und
süßen Schmecksubstanzen applicirt. Aber jedesmal wurde die Sen¬
sation als salzig-süß und qualitativ verschieden von laugenhaft be-
urtheilt. Im Fortgange der Untersuchungen habe ich dann die beiden
Reizcomponenten minimal gegen einander verschoben, sobald aber die
Unterschiedsschwelle des einen oder anderen Reizes dabei überschrit¬
ten wurde, lautete die Antwort: »Ueberwiegend salzig mit zartem süßem
Beigeschmack« oder umgekehrt, es fehlte vor allem die eigenartige
Tasterregung, welche den Totaleindruck des Alkalischen qualitativ
modifieirt. Durch Zugabe einer kleinen Dosis Salzsäure versuchte
ich die adstringirende Begleiterscheinung zu stärken; es gelang wohl
annähernd, aber nie vollkommen, einen Eindruck zu erwecken, der
bei streng unwissentlichem Verfahren mit den eingeschobenen laugen¬
haften Empfindungen identificirt worden wäre. Gleichwohl sträubt
sich auch unsere unmittelbare Erfahrung, das Alkalische als einfache,
untheilbare Geschmacksempfindung anzuerkennen; der analytische
Trieb fühlt sich immer veranlasst, den problematischen Eindruck
in seine Componenten aufzulösen, unter denen er Salzig, Süß und
Brennend deutlich erkennt. Anderseits kommen wir auch nicht davon
1) Philos. Studien, X, S. 627.