Volltext: Zur Psychophysik des Geschmackssinnes (17)

Zur Psychophysik des Geschmackssinnes. 
Yon 
D. P. Hänig. 
Mit 7 Figuren im Text. 
Die Untersuchungen über den Geschmackssinn, welche Friedrich 
Kiesow1) 1892 bis 1894 im Leipziger psychologischen Institute auf 
Wundt’s Anregung und unter seiner Leitung ausgeführt hat, bilden 
die erste Arbeit über dieses Sinnesgebiet vom Standpunkte der ex¬ 
perimentellen Psychologie aus. Alle Einzelprobleme, die man inner¬ 
halb eines Specialsinnes nach der Betrachtungsweise der physiologi¬ 
schen Psychologie aufzuwerfen pflegt, hat Kiesow in Erwägung 
gezogen und auf Grund eines sorgfältig gesammelten und reichen 
Beobachtungsmaterials zu lösen gesucht. Nur die Frage nach den 
Beactionszeiten auf die verschiedenen Geschmackseindrücke hat er 
unter Hinweis auf die Versuche Schirmer’s2), v. Vintschgau’s und 
Hönigschmied’s3) aus dem Kreise seiner experimentellen Unter¬ 
suchungen ausgeschaltet, obgleich er eine Nachprüfung derselben in 
Bück sicht auf den von Ludwig Lange4) erkannten Unterschied der 
sensoriellen und musculären Beaction für wünschenswerth hält. 
Diese geschichtliche Bemerkung soll von vornherein andeuten, 
dass die gegenwärtige Arbeit, welche im nämlichen Institute unter 
der fördernden Leitung Wundt’s entstanden ist, in Anknüpfung an 
Kiesow’s Leistung nur einen bescheidenen ergänzenden Charakter 
1) Beiträge zur physiolog. Psychologie des Geschmackssinnes. Philos. Stud. 
X, XII. 
2) Nonnullae de gustu disquisitiones. 1856. 
3) Versuche über die Reactionszeit einer Geschmacksempfindung. Archiv £ 
d. ges. Physiol. X, 1875, S. 1—48; XIV, 1875, S. 529—592. 
4) Wundt, Physiol. Psychol., 4. Anfl., II, S. 309.
	        
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